Zum Recht auf Grundbucheinsicht durch einen Pressevertreter
Leitsatz
Zum Recht auf Grundbucheinsicht durch einen Pressevertreter
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten vom 11. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I.
Der Beteiligte ist Inhaber einer über www.p...ag bezogenen International Press Card (Presseausweis). Unter Vorlage des Ausweises beantragte er als freier Journalist am 26.10.2015 Einsicht in die Grundbücher der Fliegerhorstsiedlung in K. Er sei als „auf Wirtschaftskriminalität, unterdrückte Pressefreiheit, Politverflechtungen, Justizdefizite und Mängel im Gutachterwesen ausgerichteter Journalist“ im Rahmen seiner Recherchen „u. a. in Belangen von öffentlichem Interesse aufgrund Gesundheits- und Umweltgefahren im Zusammenhang mit ehemaligen militärischen Liegenschaften eingebunden“. Sein berechtigtes Interesse liege „in einem Anfangsverdacht nach bereits erfolgten Recherchen“ begründet. Auf den Hinweis, dass zur Prüfung des berechtigten Interesses weitere Angaben erforderlich seien, versicherte er, dass seine Recherche Fragen betreffe, welche die Öffentlichkeit wesentlich im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung angingen. Dies sei mit Blick auf die herausgehobene politische Stellung des Grundstückseigentümers, einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts, der Fall. Die Aufbereitung gewährleiste eine ernsthafte und sachbezogene Auseinandersetzung. Aus nachvollziehbaren Vertraulichkeitsgründen könnten im derzeitigen Stadium keine weitergehenden Details offengelegt werden, um das Ergebnis nicht zu gefährden.
Mit Beschluss vom 10.11.2015 wies das Grundbuchamt - Rechtspfleger - das Einsichtsgesuch zurück, weil das berechtigte und öffentliche Interesse nicht ausreichend dargelegt und eine klare Zuordnung zu Grundakten mangels konkreter Bezeichnung der Grundbuchstellen nicht möglich sei.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit Anwaltsschriftsatz vom 11.12.2015, mit dem unter Einlegung der Beschwerde vorgetragen wird, der Beteiligte begleite eine namentlich bezeichnete Person in einem Verfahren gegen die öffentliche Hand und habe als Pressevertreter einen berechtigten Anspruch auf Grundbucheinsicht. Nur so seien ihm eine sachgerechte Recherche und eine objektive Berichterstattung möglich.
Das Grundbuchamt hat auch die ergänzten Angaben für unzureichend gehalten und dem Rechtsmittel deshalb nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 12c Abs. 4, § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch sonst in zulässiger Weise, § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG, eingelegt. Sofern der Rechtspfleger vorliegend ein Geschäft des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wahrgenommen hat, ändert dies an der Wirksamkeit des Geschäfts nichts (vgl. § 8 Abs. 5 RPflG).
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 3 GBO, § 46 Abs. 1 GBV ist die Einsicht des Grundbuchs und der Grundakten jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Auch aus dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Grundrecht auf Pressefreiheit kann ein (öffentliches) berechtigtes Interesse an der Einsicht erwachsen. Dies setzt voraus, dass ein Informationsbeschaffungsinteresse einer publizistisch tätigen Person dargelegt wird. Dabei wirkt die Pressefreiheit ihrerseits auf die Anforderungen zurück, die an die Darlegung des Interesses zu stellen sind. Deshalb dürfen nur solche Konkretisierungen verlangt werden, die für die Feststellung des Informationsinteresses bedeutsam sind (BVerfG NJW 2001, 503/505; BGH NJW-RR 2011, 1651 f.; auch OLG Düsseldorf NJW 2016, 89; OLG Stuttgart, 8 W 222/12 und 8 W 228/12, jeweils juris; OLG Hamm, 15 W 500/11, juris Rn. 12 und 14). Einer Bewertung hingegen hat sich das Gericht wegen des Gebots staatlicher Inhaltsneutralität zu enthalten (BVerfG NJW 2001, 503/506).
Ist danach die Kompetenz des Grundbuchamts und in zweiter Instanz des Beschwerdegerichts bei der Entscheidung über das Einsichtsgesuch auf die Prüfung beschränkt, ob ein Informationsinteresse besteht, so entbindet dies den Pressevertreter nicht von der Notwendigkeit, das Rechercheinteresse in tatsächlicher Sicht hinreichend konkret darzulegen, um dem Gericht die ihm in diesem Umfang obliegende Überprüfung zu ermöglichen. Erforderlich ist danach die Beschreibung des Informationsanliegens in tatsächlicher Sicht unter Darstellung des konkreten Bezugs zum jeweiligen Grundstück, für das Einsicht begehrt wird. Aus der entsprechenden Sachverhaltsdarlegung muss sich ergeben, dass die beantragte Grundbucheinsicht auf die Beschaffung journalistisch verwertbarer Informationen abzielt und daher als Teil der publizistischen Vorbereitungstätigkeit dem Schutzbereich der Pressefreiheit zuzuordnen ist (BVerfG vom 7.10.2000, 1 BvR 1521/00, juris Rn. 6; BGH NJW-RR 2011, 1651; OLG Frankfurt 20 W 211/2000, juris). Andernfalls müsste ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 12 GBO immer bejaht werden, wenn die Einsicht von einem Pressevertreter begehrt wird. Dies ist weder einfachgesetzlich zulässig (vgl. § 12 Abs. 3 GBO) noch verfassungsrechtlich geboten (BVerfG vom 7.10.2000, juris Rn. 6; NJW 2001, 503/505).
Den Anforderungen genügt das Vorbringen des Beteiligten nicht. Der Beteiligte legt nicht dar, auf welchen Sachverhalt sich seine Nachforschungen beziehen. Die schlagwortartige Auflistung von Missständen geht über Allgemeinheiten nicht hinaus. Zum behaupteten Anfangsverdacht macht er keine konkretisierenden inhaltlichen Angaben. Ausführungen hierzu sind nicht schon mit Blick auf die Person des Grundstückseigentümers entbehrlich; denn allein daraus, dass sich die Grundstücke im Eigentum der bezeichneten bundesunmittelbaren Anstalt befinden sollen, lassen sich weder eine journalistische Ermittlungstätigkeit des Antragstellers noch deren Gegenstand ableiten. Auch aus der Bezeichnung der betroffenen Liegenschaften ergibt sich der Gegenstand der journalistischen Untersuchung nicht selbstredend. Die ergänzende Begründung, eine bestimmt bezeichnete Person in einem Verfahren gegen die öffentliche Hand zu begleiten, reicht als Tatsachenvortrag zur Darlegung einer journalistischen Tätigkeit mit Bezug zu den Grundbüchern der Fliegerhorstsiedlung ebenfalls nicht aus, sondern lässt gleichermaßen den Schluss auf ein privates Interesse des bezeichneten Dritten zu. Selbst wenn der Beteiligte die angedeutete Auseinandersetzung dieser Person mit der öffentlichen Hand journalistisch aufbereiten und der Öffentlichkeit durch Berichterstattung zugänglich machen möchte, bedürfte es zur Darlegung des berechtigten Interesses präzisierender inhaltlicher Angaben zu diesem Fall und dem Gegenstand der Recherche, um den Bezug zu den Grundbüchern sowie eine journalistische Tätigkeit darzustellen.
Da somit das behauptete Informationsbeschaffungsinteresse nicht geprüft und festgestellt werden kann, kann die begehrte Grundbucheinsicht nicht gewährt werden. Die nicht tatsachengestützte Versicherung des eigenen positiven Prüfungsergebnisses kann die gerichtliche Prüfung nicht ersetzen.
Für die Entscheidung kommt es deshalb nicht mehr darauf an, dass der Beteiligte die Grundbücher, in die er Einsicht begehrt, nicht konkret bezeichnet hat (vgl. dazu OLG Frankfurt 20 W 211/2000, juris Rn. 7; LG Berlin Rpfleger 1997, 212).
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Verpflichtung des Beteiligten zur Tragung der gerichtlichen Kosten bereits aus dem Gesetz ergibt (§ 22 Abs. 1 GNotKG).
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG i. V. m. § 36 Abs. 3 GNotKG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor, weil die entscheidungserheblichen Fragen durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, geklärt sind.