Urteile nach Gerichten
- Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 13.03.2007 - Az.: 9 AZR 612/05
- Leitsatz:
1. Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber mit seiner Zustimmung gemäß § 4f Abs 1 Satz 1 BDSG zum Beauftragten für den Datenschutz bestellt, ändert sich damit regelmäßig der Inhalt des Arbeitsvertrages. Die Aufgabe des Datenschutzbeauftragten wird zur zusätzlichen Arbeitsaufgabe. Die Beauftragung ist ohne eine solche Vertragsänderung regelmäßig nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst.
2. Gehört die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zum arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis des Arbeitnehmers, kann die Bestellung nach § 4f Abs 3 Satz 4 BDSG nur bei gleichzeitiger Teilkündigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Sonderaufgabe wirksam widerrufen werden. Schuldrechtliches Grundverhältnis und Bestellung nach dem BDSG sind miteinander verknüpft.
3. Eine Teilkündigung hinsichtlich der Aufgaben des Datenschutzbeauftragten ist zulässig. Die zusätzliche Aufgabe des Datenschutzbeauftragten fällt lediglich weg. - Bundesgerichtshof, Urteil v. 28.02.2018 - Az.: VI ZR 30/17
- Leitsatz:
Zur Zulässigkeit der Erhebung, Speicherung und Übermittlung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines Arztsuche- und Arztbewertungsportals im Internet (www.jameda.de), wenn der Portalbetreiber seine Stellung als "neutraler" Informationsmittler verlässt.
- Bundesgerichtshof, Urteil v. 28.05.2020 - Az.: I ZR 7/16
- Leitsatz:
1. Eine wirksame Einwilligung in telefonische Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG liegt nicht vor, wenn der Verbraucher bei der Erklärung der Einwilligung mit einem aufwendigen Verfahren der Abwahl von in einer Liste aufgeführten Partnerunternehmen konfrontiert wird, das ihn dazu veranlassen kann, von der Ausübung dieser Wahl Abstand zu nehmen und stattdessen dem Unternehmer die Wahl der Werbepartner zu überlassen. Weiß der Verbraucher mangels Kenntnisnahme vom Inhalt der Liste und ohne Ausübung des Wahlrechts nicht, die Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmer die Einwilligung erfasst, liegt keine Einwilligung für den konkreten Fall vor.
2. § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG ist mit Blick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG dahin richtlinienkonform auszulegen, dass der Diensteanbieter Cookies zur Erstellung von Nutzungsprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung nur mit Einwilligung des Nutzers einsetzen darf. Eine elektronisch zu erklärende Einwilligung des Nutzers, die den Abruf von auf seinem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies im Wege eines voreingestellten Ankreuzkästchens gestattet, genügt diesem Einwilligungserfordernis nicht.
- Bundesgerichtshof, Urteil v. 28.01.2014 - Az.: VI ZR 156/13
- Leitsatz:
a) Ein durch eine Bonitätsauskunft der SCHUFA Betroffener hat gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG einen Anspruch auf Auskunft darüber, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten dort gespeichert sind und in die den Kunden der Beklagten mitgeteilten Wahrscheinlichkeitswerte (Scorewerte) einfließen.
b) Die sogenannte Scoreformel, also die abstrakte Methode der Scorewert- berechnung, ist hingegen nicht mitzuteilen.
c) Zu den als Geschäftsgeheimnis geschützten Inhalten der Scoreformel zählen die im ersten Schritt in die Scoreformel eingeflossenen allgemeinen Rechengrößen, wie etwa die herangezogenen statistischen Werte, die Gewichtung einzelner Berechnungselemente bei der Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts und die Bildung etwaiger Vergleichsgruppen als Grundlage der Scorekarten. - Bundesgerichtshof, Urteil v. 05.02.2015 - Az.: VII ZR 315/13
- Leitsatz:
Ein Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 89b HGB steht dem Vertragshändler nicht zu, wenn der Hersteller oder Lieferant nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, die ihm vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten bei Beendigung des Vertrags zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen des Vertragshändlers zu löschen (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. April 1996 - VIII ZR 5/95, NJW 1996, 2159).
- Bundesgerichtshof, Urteil v. 14.03.2017 - Az.: VI ZR 721/15
- Leitsatz:
1. Die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mail-Adresse versandte Werbe-E-Mail stellt einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. September 2013, I ZR 208/12, GRUR 2013, 1259).
2. Eine wirksame Einwilligung in den Empfang elektronischer Post zu Werbezwecken setzt u.a. voraus, dass der Adressat weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, und dass klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Eine vorformulierte Einwilligungserklärung ist an den §§ 305 ff. BGB zu messen (Fortführung von BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012, I ZR 169/10, GRUR 2013, 531).
3. Zur Anwendbarkeit von § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG, wenn der zur Unterlassung von Werbung mittels elektronischer Post Verpflichtete die E-Mail-Adresse des Betroffenen gegen dessen Willen nutzen möchte, um sie zu Lösch- oder Sperrzwecken an seine Werbepartner weiterzuleiten. - Bundesgerichtshof, Beschluss v. 05.10.2017 - Az.: I ZR 7/16
- Leitsatz:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Art. 5 Abs. 3 und Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation, ABl. Nr. L 201 vom 31. Juli 2002, S. 37) in der durch Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (ABl. Nr. L 337 vom 18. Dezember 2009, S. 11) geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. Nr. L 281 vom 23. November 1995, S. 31) sowie des Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. Nr. L 119/1 vom 4. Mai 2016, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. a) Handelt es sich um eine wirksame Einwilligung im Sinne des Art. 5 Abs. 3 und des Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG, wenn die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät des Nutzers gespeichert sind, durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen erlaubt wird, das der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss?
b) Macht es bei der Anwendung des Art. 5 Abs. 3 und des Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG einen Unterschied, ob es sich bei den gespeicherten oder abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handelt?
c) Liegt unter den in Vorlagefrage 1 a) genannten Umständen eine wirksame Einwilligung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 vor?
2. Welche Informationen hat der Diensteanbieter im Rahmen der nach Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG vorzunehmenden klaren und umfassenden Information dem Nutzer zu erteilen? Zählen hierzu auch die Funktionsdauer der Cookies und die Frage, ob Dritte auf die Cookies Zugriff erhalten? - Bundesgerichtshof, Urteil v. 25.10.2012 - Az.: I ZR 169/10
- Leitsatz:
1. Die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB finden auch Anwendung auf von Veranstaltern vorformulierte Erklärungen, die Verbraucher im Rahmen von Gewinnspielen abgeben und mit denen sie ihr Einverständnis zu Werbeanrufen zum Ausdruck bringen.
2. Eine Einwilligung ist nicht bereits deshalb unwirksam, weil sie im Rahmen einer vorformulierten Erklärung abgegeben wurde, die der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 16. Juli 2008, VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 Rn. 29, 33 - PayBack; Aufgabe von BGH, Urteil vom 27. Januar 2000, I ZR 241/97, GRUR 2000, 818 = WRP 2000, 722 - Telefonwerbung VI und Urteil vom 2. November 2000, I ZR 154/98, VersR 2001, 315).
3. Eine Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall erklärt wird. Dies setzt voraus, dass der Verbraucher hinreichend auf die Möglichkeit von Werbeanrufen hingewiesen wird und weiß, auf welche Art von Werbemaßnahmen und auf welche Unternehmen sich seine Einwilligung bezieht. - Bundesgerichtshof, Urteil v. 12.04.2016 - Az.: VI ZB 48/14
- Leitsatz:
Zur Beschwer des Beklagten, der zum Widerruf eines von ihm veranlassten Negativeintrags bei der Schufa, zur Mitteilung an die Schufa, dass derjenige Zustand auch im Hinblick auf die Berechnung von Scorewerten wiederhergestellt werden soll, als habe es den Negativeintrag nicht gegeben, und zur Unterlassung der Mitteilung offener Forderungen entsprechend dem streitgegenständlichen Negativeintrag verurteilt worden ist.
- Bundesgerichtshof, Urteil v. 10.07.2018 - Az.: VI ZR 225/17
- Leitsatz:
1. Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Empfängers stellt grundsätzlich einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar.
2. Eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail fällt auch dann unter den Begriff der (Direkt-)Werbung, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt.
3. Dem Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion ist es zumutbar, bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt, diesem - wie es die Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG verlangt - die Möglichkeit zu geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen. Ansonsten ist der Eingriff grundsätzlich rechtswidrig.

