Keine Haftung des Vertragspartner für fehlerhaft zugeordete Bonitätsdaten

Landgericht Bonn

Urteil v. 23.08.2019 - Az.: 1 O 80/19

Leitsatz

Keine Haftung des Vertragspartner für fehlerhaft zugeordete Bonitätsdaten 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Sachverhalt

Der Kläger ist Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH und Co. KG, die einen Hausmeisterservice betreibt. Die Beklagte ist Vertragspartnerin der X AG - im nachfolgenden: Streitverkündete.

Im Rahmen eines bei seiner Hausbank beantragten Privatkredites Ende Februar 2019 wurde dem Kläger folgender „Negativeintrag“ bei der Streitverkündeten bekannt (Bonitätsauskunft der Streitverkündeten vom 21.02.2019, Anlage K1 = Bl.# - ## d.A.):

B GmbH Sparte D

11. Abwicklungskonto

Der Vertragspartner hat uns darüber informiert, dass ein Verstoß gegen vertragliche Vereinbarungen vorliegt und daher ein Abwicklungskonto existiert.

Kontonummer: ###########

Der Vertragspartner führt den Vertrag unter dieser Nummer in seinen Unterlagen.

Die Auskunft wies zum Stichtag 10.01.2019 einen gemeldeten Forderungsbetrag von 1.140,00 € aus (Anlage K1 = Bl.## d.A.). Dem Kläger wurde aufgrund dieses „Negativeintrages“ ein Bankkredit verweigert.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.02.2019 (Anlage K2 = Bl.## – ## d.A.) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 07.03.2019 dazu auf, gegenüber der Streitverkündeten die Löschung des gemeldeten Negativeintrages zu erklären sowie ihm dies schriftlich zu bestätigen. Ferner wurde die Beklagte binnen gleicher Frist zum Ausgleich folgender dem Kläger entstandener Unkosten aufgefordert:

Rechnung der X AG vom 21.02.2019 über 29,95 €,

Rechnung der Q AG Steuerberatungsgesellschaft vom 28.02.2019 über 114,24 €,

Unkosten für Zeitausfall pauschal 100,00 €.

Hierauf veranlasste die Beklagte umgehend eine Prüfung des Datensatzes bei der Streitverkündeten. Die Beklagte hatte einen mit dem Kläger namensgleichen Vertragskunden unter Angabe der Anschrift H ##, ##### W, bei der Streitverkündeten gemeldet. Die Streitverkündete hatte diese Meldung falsch und zu Lasten des Klägers zugeordnet. Der vorbezeichnete Eintrag zu der Kundenkontonummer ########### wurde am 15.03.2019 vollständig aus dem Datenbestand des Klägers gelöscht.

Mit am 13.03.2019 bei Gericht eingegangener Klageschrift vom 11.03.2019 hat der Kläger angekündigt zu beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, den von ihr bei der Wirtschaftsauskunftei „X AG“ veranlassten Negativeintrag bezüglich des Klägers gegenüber der Firma „X AG“ schriftlich zu widerrufen;

2. die Beklagte zu verurteilen, der Wirtschaftsauskunftei „X AG“ schriftlich mitzuteilen, dass derjenige Zustand auch im Hinblick auf die Berechnung von Score-Werten wiederhergestellt wird, als habe es den von ihr veranlassten Negativeintrag bezüglich des Klägers nicht gegeben;

3. die Beklagte zu verurteilen, eine erneute Mitteilung entsprechend des von ihr bezüglich des Klägers gegenüber der Wirtschaftsauskunftei „X AG“ veranlassten Negativeintrag bezüglich des Klägers zu unterlassen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 244,19 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich hieraus seit 08.03.2019 zu zahlen;
                                       5.
die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.430,38 € brutto freizustellen.                                          

Mit Schriftsatz vom 06.06.2019 hat der Kläger die (angekündigten) Klageanträge zu Ziffern 1. bis 3. zurückgenommen und beantragt, der Beklagten gemäß § 269 Abs.3 Satz 3 ZPO die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen.

Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass sich die Beklagte das Verschulden der Streitverkündeten zurechnen lassen müsse.

Der Kläger macht als Schadensersatz neben den mit Schreiben vom 28.02.2019 bezifferten Unkosten von 244,19 € gegen die Beklagte Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 22.244,19 € geltend.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 244,19 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich hieraus seit 08.03.2019 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.430,38 € brutto freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Die Klage wurde der Beklagten am 04.04.2019 zugstellt. Der Kläger hat der X AG mit dieser am 21.06.2019 zugestelltem Schriftsatz vom 06.06.2019 den Streit verkündet. Die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit nicht be

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 244,19 € sowie Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.430,38 €.

Zwar kann die Veranlassung eines unberechtigten Eintrages bei der Streitverkündeten durch einen Vertragspartner Schadensersatzansprüche des anderen Vertragspartners aus § 280 Abs.1 BGB oder aus Delikt begründen (vgl. OLG Jena, Urteil vom 18.05.2004 – 5 U 862/13 = OLG-Report Jena 2006, 442; AG Halle, Urteil vom 28.02.2013 – 93 C 3289/12 = ZD 2013, 456, 457; Heintz jM 2018, 184, 188 = juris). Dies setzt indes voraus, dass der Vertragspartner die den beanstandeten Eintrag herbeiführenden Daten rechtswidrig (vgl. § 28a Abs.1 BDSG) und damit unberechtigt an die Streitverkündete weitergegeben hat und dadurch Rücksichtnahmepflichten gegenüber seinem eigenen Vertragspartner im Sinne von § 241 Abs.2 BGB verletzt hat (OLG Jena, aaO.; AG Halle, aaO.; Heintz, aaO.; Solmecke ZD 2013, 457, 458).

Schon eine derartige rechtswidrige Weitergabe von Daten des Klägers durch die Beklagte liegt nicht vor. Denn die Beklagte hatte nicht den Kläger, sondern einen mit diesem namensgleichen Vertragskunden unter Angabe der diesen von dem Kläger unterscheidenden abweichenden Anschrift dieses Vertragskunden gemeldet.

Im Übrigen fehlt es gerade vor diesem Hintergrund an einer von der Beklagten zu vertretenden unrichtigen Eintragung des Klägers (§§ 280 Abs.1 Satz 2, 276 Abs.1 BGB). Denn die Streitverkündete hatte die Meldung der Beklagten falsch und zu Lasten des Klägers zugeordnet. Ein mindestens fahrlässiges Fehlverhalten der Beklagten ist nicht ersichtlich.

Die Beklagte muss sich diesen Fehler der Streitverkündeten auch nicht über § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen, da die Streitverkündete insoweit nicht als Erfüllungsgehilfin der Beklagten tätig geworden ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Streitverkündete bei der Erfüllung einer der Beklagten als Schuldnerin gegenüber dem Kläger aus der zwischen ihnen bestehenden Vertragsbeziehung begründeten Verbindlichkeit tätig geworden wäre (vgl. MüKo/Grundmann, BGB, 8.Aufl. 2019, § 278 Rd.20; Palandt/Grüneberg, BGB, 78.Aufl. 2019, § 278 Rd.7 und Rd.13 jeweils m.w.N.). Die Streitverkündete ist hier jedoch nicht bei der Erfüllung derartiger Vertragspflichten der Beklagten aus der zwischen den Parteien bestehenden Leistungsbeziehung „B GmbH Sparte D“ tätig geworden, so dass es an einem Rechtsgrund für die strenge Zurechnung eines Fehlverhaltens des Streitverkündeten zu Lasten der Beklagten fehlt (vgl. MüKo/Grundmann, aaO., § 278 Rd.20; Palandt/Grüneberg, aaO., § 278 Rd.1). Vielmehr wurde die Streitverkündete als selbständige Wirtschaftsauskunftei ausschließlich im eigenen Vertragsinteresse gegenüber ihren Vertragspartnern tätig (vgl. dazu Heintz, aaO., 184f.; Solmecke, aaO., 457f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs.1, 269 Abs.3 Satz 2 ZPO.

Eine anteilige Belastung der Beklagten mit den auf die vormaligen Klageanträge zu 1. bis 3. entfallenden Kosten kann nach dem bisherigen Sach- und Streitstand auch nach billigem Ermessen nicht begründet werden (§ 269 Abs.3 Satz 3 ZPO). Denn die Beklagte war in Ermangelung einer rechtswidrigen Weitergabe von Vertragsdaten des Klägers an die Streitverkündete nicht Schuldnerin dieser Widerrufs- und Unterlassungsansprüche (vgl. auch Heintz, aaO., 188). Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zu etwaigen Schadensersatzansprüchen des Klägers sinngemäß.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Ziffer 11., 711 ZPO.

Streitwert: 10.244,19 €.

Bei der Bemessung des Streitwertes hat sich ausgehend von dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Durchsetzung der vormaligen Klageanträge zu 1. bis 3. (§ 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs.1 Satz 1 GKG) die unstreitig durch den „Negativeintrag“ verursachte Ablehnung eines (Privat-) Kredites streitwerterhöhend ausgewirkt. Eine weitergehende wirtschaftliche Beeinträchtigung hat der Kläger nicht dargetan. Der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 12.04.2016 – VI ZB 48/14 = juris) ist lediglich der Wert der Beschwer einer entsprechend verurteilten Partei von bis 500,00 € zu entnehmen. Berücksichtigt man ferner den zuletzt gemeldeten Forderungsbetrag, so ergibt sich insoweit ein Streitwert von bis zu 10.000,00 € (vgl. LG Lübeck, Urteil vom 04.07.2017 – 3 O 325/15 = BeckRS 2017, 133781 Rd.47; LG Düsseldorf, Urteil vom 29.04.2013 – 15 U 125/12 = BeckRS 2015, 6033; vgl. ferner KG, Beschluss vom 02.11.2016 – 26 U 9/16 = juris: 2.000,00 € für einen Eintrag von 170,00 €).