Telefonwerbung nach der DSGVO

Verwaltungsgericht Saarlouis

Urteil v. 29.10.2019 - Az.: 1 K 732/19

Leitsatz

Telefonwerbung nach der DSGVO

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Sachverhalt

Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten erlassene datenschutzrechtliche Anordnung der Einstellung der Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des telefonischen Direktmarketings und der Löschung dazu verarbeiteter Daten betroffener Personen, soweit diese personenbezogenen Daten über die Website www…..de oder über andere Online-Gewinnspiele generiert wurden/ werden und keine Einwilligung vorliegt, für die der Nachweis geführt werden kann, dass die Einwilligung unmissverständlich und zweifelsfrei von der betroffenen Person erklärt wurde.

Die Klägerin ist gegenwärtig, ebenso wie zuvor unter einer vorgehenden Firmierung, im Bereich der Versicherungsvermittlung, der Vermögensanlage sowie der Finanzierung tätig. In diesem Zusammenhang betreibt sie telefonische Werbeansprachen. Im September 2018 informierten die Petenten die Beklagte, dass sie am 28.08.2018 von der Klägerin telefonisch kontaktiert worden seien, wobei verschiedene Versicherungsleistungen von dieser beworben worden seien. Eine Einwilligung zu solchen Werbeansprachen hätten sie jedoch nicht erteilt.

Die Beklagte forderte daraufhin die Klägerin zur Stellungnahme auf, da der Verdacht eines Verstoßes gegen die Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) bestehe. Diese erwiderte mit Schreiben ihrer Datenschutzbeauftragten, Frau S.D., einer der Geschäftsführer der B. GmbH, die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung seien nicht anwendbar, da die verwendete Telefonnummer gewerblich durch die „GbR“ genutzt werde, außerdem liege eine legitimierende Einwilligung des Petenten R.H. vor. Dieser habe am 19.01.2017 um 20:21 Uhr über die Website www…..de an einem Gewinnspiel teilgenommen und zusätzlich eine Einverständniserklärung in die Verwendung der dort angegebenen Telefonnummer zum Zwecke des Direktmarketings durch die Klägerin erteilt. Verantwortliche Stelle für die Ersterhebung sei zu diesem Zeitpunkt ein Adresshändler gewesen. Der dazu vorgelegte Ausdruck (19.01.2017 20:21:17 h) weist keine E-Mail-Adresse auf.

Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie beabsichtige, die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten zur telefonischen Werbeansprache zu untersagen, soweit sie ohne wirksame Einwilligung erfolgten, sowie die Löschung entsprechend erhobener und gespeicherter Daten zu verfügen. Es sei unerheblich, dass die in diesem Zusammenhang verwendete Telefonnummer, der von den Petenten betriebenen „GbR“ zugeordnet werde, jedenfalls werde der Anschluss auch privat genutzt. Im Übrigen liege eine Einwilligung der Petenten nicht vor, da das von der Klägerin verwendete „Single-Opt-In-Verfahren“ für den erforderlichen Nachweis, ob eine Eintragung und Einwilligung tatsächlich von der jeweils angerufenen Person stamme, ungeeignet sei, denn weder lasse die IP-Nummer eine eindeutige Zuordnung zu, noch sei ersichtlich, ob die übrigen Daten tatsächlich von der jeweils angerufenen Person eingetragen worden seien.

Darauf bestellten sich für die Klägerin deren Prozessbevollmächtigten (ohne eine schriftliche Vollmacht vorzulegen), zu denen auch Frau S.D. gehört, und verwiesen darauf, dass nicht wie von der Beklagten angenommen, lediglich ein „Single-Opt-In-Verfahren“, sondern ein vollständig durchlaufenes „Double-Opt-In-Verfahren“ durchgeführt worden sei, um die Einwilligung des Petenten R.H. einzuholen. Dieser habe nach Anmeldung eine E-Mail zugeschickt mit einem Link erhalten, den er zur Bestätigung der Teilnahme angeklickt habe. Der dazu vorgelegte Ausdruck weist als erstmalige Anmeldung und Einwilligung „19.01.2017 20:21:17 h“ aus und als E-Mail-Adresse „…@gmx.de“. Der Eingang der Bestätigungsmail sei am „19.01.2017 20:21:17 h“ erfolgt. Die Petenten seien Inhaber dieser E-Mail-Adresse.

Auf entsprechende Nachfrage der Beklagten gaben die Petenten an, die genannte E-Mail-Adresse sei ihnen unbekannt, gleichfalls unbekannt sei, dass diese Adresse stellvertretend für sie jemals benutzt worden sei. Am 19.01.2017 seien sie nicht online irgendwo angemeldet gewesen. Sie benutzten eine Firewall und einen Apple iMac, ein unberechtigter Zugriff von außen sei nicht möglich.

Unter dem 12.04.2019 erließ die Beklagte die streitgegenständliche Anordnung. In dieser heißt es:

1. Anordnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. f DS-GVO - Beschränkung bzw. Verbot der Verarbeitung

Die auf die Einwilligung der betroffenen Personen gestützte Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des telefonischen Direktmarketings ist einzustellen, soweit diese personenbezogenen Daten über die Website www…..de oder über andere Online-Gewinnspiele generiert werden und keine Einwilligung im Sinne des Art. 4 Nr. 11 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO vorliegt, für die nach Maßgabe des Art. 7 Abs. 1 DSGVO der Nachweis geführt werden kann, dass diese unmissverständlich und zweifelsfrei von der betroffenen Person erklärt wurde.

2. Anordnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. g DS-GVO - Löschung von personenbezogenen Daten

Die für den Zweck des telefonischen Direktmarketings verarbeiteten Daten betroffener Personen sind zu löschen, soweit keine die Verarbeitung legitimierende Einwilligung nach Ziffer 1 gegeben ist.

Zur Begründung ist ausgeführt, vorliegend seien Name des Petenten sowie Adresse und Telefonnummer als personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO erhoben und letztere zu Zwecken des telefonischen Direktmarketings in der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit des Unternehmens verwendet worden. Es sei unerheblich, dass die in diesem Zusammenhang verwendete Telefonnummer der von den Petenten betriebenen „GbR" zugeordnet werde, da der Anschluss auch privat genutzt werde. Darüber hinaus gehe aus der vorgelegten Online-Registrierung gerade hervor, dass die Telefonnummer der Person des Petenten und gerade nicht einer von diesem geführten Gesellschaft zugeordnet sei. Diese Verarbeitung personenbezogener Daten müsse den Grundsätzen des Art. 5 Abs. 1 DS-GVO genügen und auf rechtmäßige Weise im Sinne des Art. 6 DS-GVO erfolgen.

Als Rechtsgrundlage für die betriebene Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des Direktmarketings werde die Einwilligung der betroffenen Person gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO zugrunde gelegt.

Die vorgelegten Dokumente belegten nicht, dass die Petenten an dem in Frage stehenden Gewinnspiel teilgenommen und in die Verwendung ihrer personenbezogenen Daten für Zwecke des telefonischen Direktmarketings eingewilligt hätten.

Das sogenannte „Single-Opt-In-Verfahren", wonach online lediglich die Eintragung und das Ankreuzen von Kästchen vorgesehen sei, genüge nicht für die Feststellung, ob eine Eintragung und Einwilligung tatsächlich von der jeweils angerufenen Person stamme, da weder die IP-Adresse eine eindeutige Zuordnung zulasse, noch ersichtlich sei, ob die übrigen Daten tatsächlich von der jeweils angerufenen Person eingetragen worden seien. Auch das „Double-Opt-In-Verfahren", in dem zusätzlich eine E-Mail-Adresse und die Aktivierung eines per E-Mail übersandten Bestätigungslinks vermerkt werde, genüge nicht für eine dahingehende Feststellung, da kein notwendiger Zusammenhang zwischen der in einem Online-Teilnahmeformular eingetragenen E-Mail-Adresse und der angegebenen Telefonnummer bestehen müsse. Das von der Klägerin zu verantwortende gewählte Verfahren der Kontaktdatengenerierung über die Gewinnspielwebseite mit dem Ziel, personenbezogene Daten für Marketingzwecke zu erhalten, sei somit ungeeignet, um zweifelsfrei nachzuweisen, dass betroffene Personen in die spezifische Datenverwendung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO eingewilligt haben.

Die betriebene Verarbeitung könne auch nicht als Rechtsgrundlage auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO gestützt werden, da in der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Abwägung Interessen und Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen, die den Schutz personenbezogener Daten erforderten, überwögen.

Zwar sei in Erwägungsgrund 47 der DS-GVO ausgeführt, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden könne. Dabei sei aber eine Abwägung erforderlich, in welcher beispielsweise die vernünftigen Erwartungshaltungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zum Verantwortlichen beruhten, zu berücksichtigen seien. Vorliegend stünden die Petenten in keinerlei geschäftlicher Beziehung zu der Klägerin und müssten vernünftigerweise auch nicht damit rechnen, telefonisch von deren Unternehmen bzw. von einem beauftragten Callcenter zu Werbezwecken kontaktiert zu werden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass derartige telefonische Werbeansprachen regelmäßig als belästigend und störend empfunden würden. Dem werde auch im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften Rechnung getragen, indem die Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG als unzumutbare Belästigung zu qualifizieren sei. Diese Einordnung könne auch im Rahmen der datenschutzrechtlichen Interessenabwägung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO nicht unberücksichtigt bleiben.

Die auf Art. 58 Abs. 2 lit. f DS-GVO gestützte Anordnung sei verhältnismäßig, geeignet und erforderlich sowie verhältnismäßig im engeren Sinne, um datenschutzrechtlich konforme Zustände herzustellen, da Gegenstand der Untersagung nicht sämtliche Werbekontaktaufnahmen seien, sondern ausdrücklich nur telefonische Werbeansprachen erfasst würden, soweit diese allein auf eine Online-Registrierung und eine Bestätigung per E-Mail in obigem Sinne gestützt werde.

Die unter Ziffer 2 der Verfügung getroffene Anordnung habe ihre Ermächtigungsgrundlage in Art. 58 Abs. 2 lit. g DS-GVO. Danach sei die Aufsichtsbehörde u.a. befugt, unter den Voraussetzungen des Art. 17 DS-GVO - einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO - die Löschung personenbezogener Daten anzuordnen.

Ebenfalls angemessen sei die gesetzte Frist von zwei Wochen. Das Zwangsgeld beruhe auf §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 Saarländisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (SVwVG).

Die Anordnung, die im Adressfeld die Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung bezeichnet, wurde der externen Datenschutzbeauftragten der Klägerin - Frau S.D. übersandt. Am 18.04.2019 ging das mit übersandte Empfangsbekenntnis bei der Beklagten ein.

Die Klägerin ist der Ansicht, die erlassene Anordnung sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, da die Zustellung lediglich an ihre Datenschutzbeauftragte erfolgt sei. Zwar habe die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes nicht in einer bestimmten Form zu erfolgen, jedoch habe die Behörde die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, wenn sie eine bestimmte Form wähle. So habe die Zustellung nicht an die Datenschutzbeauftragte der Klägerin erfolgen können, da sie keiner der in § 5 Abs. 4 VwZG genannten Berufsgruppen angehöre und lediglich eine gewerbliche Tätigkeit ausübe.

Überdies sei die Anordnung auch rechtswidrig, da die Beklagte die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage falsch angewendet habe. Es liege ein Fall des Ermessensfehlgebrauchs vor. Die Beklagte gehe unzutreffend davon aus, dass für die Verarbeitung der betroffenen personenbezogenen Daten keine Einwilligung der betroffenen Personen vorliege. Es sei sogar ein „Double-Opt-In-Verfahren“ durchgeführt worden, um eine zusätzliche Bestätigung der betroffenen Personen einzuholen. Darüber hinaus habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass die Datenschutzgrundverordnung als direkt anwendbare Verordnung des Gemeinschaftsrechts einer einheitlichen Rechtsanwendung bedürfe. Die Beklagte habe allerdings ihre Anordnung in erheblichem Maße auf die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des § 7 UWG gestützt, bei denen fraglich sei, ob nationalstaatliche Regelungen zur Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen herangezogen werden können. Eine Übertragung nationalstaatlicher wettbewerbsrechtlicher Vorschriften auf gemeinschaftsrechtliche datenschutzrechtliche Vorschriften scheide aus. Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Direktwerbung sei gerade nicht zwingend von einer Einwilligung abhängig, wie sie die wettbewerbsrechtlichen Regelungen des § 7 UWG vorsähen.

Die Anforderungen an die datenschutzrechtliche Einwilligung seien als deutlich geringer anzusehen als die Anforderungen an die wettbewerbsrechtliche Einwilligung entsprechend der Regelungen des deutschen Wettbewerbsrechts.

Die vorliegend betroffene Direktwerbung per Telefon sei innerhalb der europäischen Union nicht einheitlich geregelt. Die Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), auch e-privacy-Richtlinie genannt, lasse den Mitgliedstaaten gerade die Möglichkeit, Direktwerbung per Telefon auch ohne ausdrückliche Einwilligung zuzulassen, sondern stattdessen ein nationales Opt-Out-Verfahren zur Verfügung zu stellen.

Die Datenschutzgrundverordnung sei eine abgeschlossene Regelung; sie erlaube nur an einzelnen Stellen, an denen der Unionsgesetzgeber Öffnungsklauseln vorgesehen habe, eine abweichende Regelung durch die Mitgliedstaaten.

Die bislang nur im englischsprachigen Entwurf vorliegende e-Privacy-Verordnung als geplante Nachfolgerin der e-Privacy-Richtlinie sehe, trotz ihrer Eigenschaft als Verordnung und damit unmittelbaren Anwendbarkeit ohne nationalen Umsetzungsakt, vor, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, Direktwerbung ohne Einwilligung mit Opt-Out-Möglichkeit zuzulassen.

Das Unionsrecht lasse dem nationalen Gesetzgeber an dieser Stelle die Wahl, inwieweit die Durchführung von Werbeanrufen mit oder ohne ausdrückliche Zustimmung zulässig sei. Wenn der deutsche Gesetzgeber sich insofern in § 7 UWG zu einer Umsetzung der strengeren der beiden möglichen Varianten entschieden habe, sei das eine Entscheidung, die alleine die Umsetzung der Vorgaben der e-Privacy-Richtlinie betreffe; diese Richtlinie gebe dem nationalen Gesetzgeber bei dieser Fragestellung die entsprechende Freiheit.

Eine Anwendung der DS-GVO, unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Umsetzung der Vorgaben der e-Privacy-Richtlinie, werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer unterschiedlichen Anwendung der DS-GVO in den einzelnen Mitgliedstaaten führen.

Lege man die DS-GVO so aus wie die Klägerin, dass eine datenschutzrechtliche Verarbeitung von Telefonnummern zu Zwecken der Direktwerbung ausschließlich mit ausdrücklicher Einwilligung des Betroffenen zulässig sei, wären die dargestellten Regelungen der e-Privacy-Richtlinie bzw. der in Vorbereitung befindlichen e-Privacy-Verordnung gegenstandslos, weil die DS-GVO auch eine solche Verarbeitung (Direktwerbung mit Opt-Out-Lösung) von vorne herein auf der datenschutzrechtlichen Ebene untersagen würde. Dass das nicht im Sinne des Unionsrechts sein könne, liege auf der Hand.

Es wäre z.B. auch nach der Opt-In-Lösung des Art. 7 UWG denkbar, dass der Verantwortliche die personenbezogenen Daten zum Zweck der Direktwerbung speichere, aber vor telefonischer Kontaktaufnahme nochmals eine wettbewerbsrechtliche Einwilligung über einen Kanal einhole, der auch nach strenger Auffassung keine Einwilligung erfordert (z.B. per Post). Die vollständige Untersagung der Datenverarbeitung zu diesem Zweck bzw. die Anordnung der Löschung sei daher unverhältnismäßig.

Die Klägerin beantragt,

die Anordnung der Beklagten vom 12.04.2019, Az.: B 3400/063, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, ungeachtet der Zustellung des angegriffenen Verwaltungsaktes liege ein wirksamer Verwaltungsakt vor, da selbst in der Annahme eines Zustellungsmangels dieser nach § 8 VwZG als geheilt anzusehen sei. Die als Datenschutzbeauftragte benannte Frau S.D. sei in Personalunion Rechtsanwältin bei der zum damaligen Zeitpunkt unter gleicher Anschrift firmierenden Kanzlei gewesen. Mit Blick auf den fristgerecht eingelegten Rechtsbehelf sowie die im Rahmen der Klage gemachten Ausführungen sei die streitgegenständliche Anordnung dem Bevollmächtigten zweifellos zugegangen.

Überdies ist die Beklagte der Ansicht, der Bescheid sei rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die erforderliche Einwilligung der betroffenen Personen sei nicht eingeholt worden. Durch das „Double-Opt-In-Verfahren“ sei lediglich gewährleistet, dass die Person, welche die Eintragungen vorgenommen habe, auch Inhaber des betreffenden E-Mail-Accounts sei, nicht jedoch, dass die Eintragungen von der Person vorgenommen worden seien, die in der Eintragung namentlich benannt oder deren Telefonnummer eingetragen worden sei.

§ 7 UWG und die zu Grunde liegende europarechtliche Norm des Art. 13 der Richtlinie 2002/58/EG habe einen immanenten Datenschutzbezug.

Es sei nicht erkennbar, worin vorliegend das berechtigte Interesse der Klägerin liegen sollte, das eine Abwägung mit dem Interesse der Betroffenen erlauben würde, denn in einer verbotenen Verarbeitung könne bereits kein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO gesehen werden.

Es sei zu berücksichtigen, dass der nationalen Wettbewerbsvorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG die europäische Vorschrift des Art. 13 Abs. 3 Richtlinie 2002/58/EG zu Grunde liege, welche es den Mitgliedstaaten überlasse, im Rahmen entsprechender nationalstaatlicher Vorschriften entweder eine Einwilligung oder eine Opt-Out-Lösung zu normieren.

Da auch eine rein mitgliedstaatliche Rechtslage die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person im Zusammenhang mit Maßnahmen der Datenverarbeitung maßgeblich beeinflussen könne, werde auch insoweit die Erwartungshaltung der von dem Werbeanruf Betroffenen in Kenntnis des wettbewerbsrechtlichen Einwilligungsvorbehalts für telefonische Marketingmaßnahmen sowohl in subjektiver wie objektiver Betrachtung geprägt, mit der Folge des Überwiegens schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person.

Der Rechtstreit ist dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsunterlagen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.

Der an die Klägerin (bzw. ihre zu diesem Zeitpunkt bestehende Firmierung) adressierte Bescheid vom 12.04.2019 ist nicht bereits deshalb aufzuheben, weil er der Datenschutzbeauftragten der Klägerin übersandt wurde. Zwar wurde er damit nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben, jedoch ist dieser Fehler nach dem anzuwendenden § 8 VwZG des Bundes unbeachtlich. Danach gilt ein Dokument, lässt sich seine formgerechte Zustellung nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Eine Heilung ist dadurch eingetreten, dass Frau S.D. den Bescheid den empfangsberechtigten Bevollmächtigten der Klägerin übergeben hat. Dass der Bescheid nicht an die Bevollmächtigten andressiert war, ist unbeachtlich.

entsprechend BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 8 C 43/95 -, BVerwGE, 104, 301, in einem Fall, in dem es sogar unschädlich war, dass die Bescheidkopie den Rechtsanwälten zugegangen ist, bevor sie empfangsberechtigt wurden

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Zunächst begegnet der Bescheid keinen formellen Bedenken. Auch ist er hinreichend bestimmt. Hinreichende Bestimmtheit i.S.v. § 37 Abs. 1 SVwVfG bedeutet, dass der Inhalt der in einem Verwaltungsakt getroffenen Regelung, d.h. der Entscheidungssatz ggfs. im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, für die Beteiligten, insbesondere für die Adressaten des Verwaltungsakts so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach richten können, und dass auch die mit dem Vollzug betrauten Behörden den Inhalt etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen oder sonstigen weiteren Entscheidungen zugrunde legen können.

Dies ist hier der Fall. Aus dem Bescheid geht klar hervor, dass der Klägerin nicht sämtliche Werbekontaktaufnahmen verboten sind, sondern ausdrücklich nur telefonische Werbeansprachen gegenüber natürlichen Personen, die ohne datenschutzrechtliche Einwilligung erfolgen bzw. auf eine im Wege einer Online-Registrierung und einer Bestätigung per E-Mail im von der Klägerin geschilderten Verfahren erlangte Einwilligung gestützt werden; die in dieser Weise für den Zweck der telefonischen Werbeansprache verarbeiteten Daten sind zu löschen.

Dass Werbeansprachen gegenüber juristischen Personen von der Anordnung ausgenommen sind, ergibt sich zwanglos aus den Ausführungen zur rechtlichen Würdigung im angefochtenen Bescheid, in denen maßgeblich auf die Zuordnung der Daten zu einer natürlichen Person und gerade nicht einer juristischen Person abgestellt wird (dort Bl. 4 Abs. 4). Ob eine Erstreckung der Anordnung in Bezug auf juristische Personen unter der Geltung der Verordnung (EU) 2016/679 (DS-GVO) noch zulässig wäre, bedarf daher keiner Vertiefung.

vgl. zum vorgehenden Recht die unions- und verfassungsrechtliche Konformität bejahend: Ohly in Ohly/Sosnitz, UWG, 7. Aufl. 2016, § 7 UWG Rz. 8; nun Eckhardt, Anm. zu OLG München, Urteil vom 07.02.2019 - 6 U 2404/18 -, ZD 2019, 408

Ein Widersprüchlichkeit und Unbestimmtheit der Anordnung im von der Klägerin geschilderten Sinne, ergibt sich nicht daraus, dass nach der - wie dargestellt zu verstehenden - Anordnung auch die Speicherung für den erstmaligen Anruf um zu fragen, ob der Angerufene mit Telefonwerbung einverstanden sei, untersagt ist. Explizit erstreckt sich die streitige Anordnung auch auf einen ersten Anruf mit dem zum ersten Mal ein Opt-In - die Einwilligung - abgefragt werden soll. Die Bestimmtheit ist so - ohne Zweifel - gegeben. Es ist auch ein solcher erster Anruf und demzufolge die Speicherung von diesbezüglichen persönlichen Daten natürlicher Personen in Deutschland aus Gründen des Datenschutzes untersagt. Das von der Klägerin anfänglich vorgetragene einfache Opt-In-Verfahren durch einen ersten Telefonanruf, ist daher offensichtlich ungeeignet, die vorherige Einwilligung zur telefonischen Kontaktaufnahme zu begründen.

vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31.07.2015 - OVG 12 N 71.14 -, juris; Klinger, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 164/09 -, jurisPR-ITR 17/2011 Anm. 2

Rechtsgrundlage für die Beschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten ist Art. 58 Abs. 2 lit. f DS-GVO, wonach jede datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde über die Befugnis verfügt, die es ihr gestattet, eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, zu verhängen. Soweit die Löschung der bereits gespeicherten personenbezogenen Daten betroffen ist, kann die Anordnung auf Art. 58 Abs. 2 lit. g DS-GVO gestützt werden, wonach die Beklagte u.a. die Löschung von personenbezogenen Daten, die unrechtmäßig im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO verarbeitet wurden, anordnen kann.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für das getroffene Verbot telefonischer Werbeansprachen gegenüber natürlichen Personen liegen vor.

Die Klägerin hat personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DS-GVO verarbeitet. Dabei handelte es sich um den Namen, die Anschrift sowie die Telefonnummer. Personenbezogene Daten sind solche, die sich auf eine natürliche Person beziehen. Der Einstufung dieser Angaben als personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO steht - auch im Einzelfall der Petenten - nicht entgegen, dass der Telefonanschluss, der unter der erhobenen und gespeicherten Telefonnummer einer natürlichen Person zugeordnet ist, auch gewerblich von der von den Petenten gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts genutzt wird. Die Klägerin hatte selbst angegeben, dass der Petent die Telefonnummer als seine eigene bei der getätigten Online Registrierung eingetragen habe. Durch die Angabe einer Telefonnummer als einem konkreten Anschlussinhaber zugeordnete Kennziffer, bezieht sich diese Information auf den Anschlussinhaber als natürliche Person und ist damit ein personenbezogenes Datum. Diese personenbezogenen Daten hat die Klägerin auch im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO verarbeitet, indem sie diese erhoben, anschließend gespeichert und schließlich zu Zwecken des Telefonmarketings verwendet hat.

Die aufgegriffene Verarbeitung der personenbezogenen Daten ist jedoch unrechtmäßig, weil keiner der Erlaubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 DS-GVO erfüllt ist.

Soweit sich die Klägerin zuletzt auf eine im sogenannten Double-Opt-In-Verfahren erlangte datenschutzrechtliche Einwilligung beruft, genügt diese nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO, der in diesem Zusammenhang mit Blick auf die Richtlinie 2002/58/EG auch auf Grund von Art. 94 Abs. 2 DS-GVO, wonach Verweise auf die mit Wirkung vom 25.05.2018 aufgehobene Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr als Verweise auf die DS-GVO gelten, Anwendung findet, um die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung herzuleiten.

Danach ist erforderlich, dass die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat.

Nach Art. 7 Abs. 1 DS-GVO ist Bedingungen für die Wirksamkeit der Einwilligung, dass der Verantwortliche, hier die Klägerin, nachweisen kann, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat.

Dieser Nachweis ist der Klägerin im Fall der von ihr angerufenen Petenten nicht gelungen.

Allgemein gilt und worauf die Beklagte maßgeblich abgestellt hat und was von der Kammer geteilt wird, kann die im Wege einer Online-Registrierung und einer Bestätigung per E-Mail im von der Klägerin geschilderten Verfahren erlangte Einwilligung im elektronisch durchgeführten Double-Opt-In-Verfahren ein sonst fehlendes Einverständnis natürlicher Personen als Verbraucher mit Werbeanrufen nicht ersetzen.

so BGH, Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 164/09 -, juris

Das Double-Opt-In-Verfahren ist eine praktikable Möglichkeit, um potenziellen Kunden Werbung per E-Mail zukommen zu lassen. Geht ein Teilnahmeantrag elektronisch ein, so kann dessen Absender durch eine E-Mail um Bestätigung seines Teilnahmewunsches gebeten werden. Nach Eingang der erbetenen Bestätigung kann angenommen werden, dass der Antrag tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt. Hat der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens in dem Teilnahmeformular bestätigt, dass er mit der Übersendung von Werbung einverstanden ist, ist grundsätzlich hinreichend dokumentiert, dass er in E-Mail-Werbung an diese E-Mail-Adresse ausdrücklich eingewilligt hat. Der Werbende hat mit einem solchen Verfahren ausreichend sichergestellt, dass es nicht aufgrund von Falscheingaben zu einer Versendung von E-Mail-Werbung kommt. Das schließt es aber nicht aus, dass sich der Verbraucher auch nach Bestätigung seiner E-Mail-Adresse im Double-Opt-In-Verfahren noch darauf berufen kann, dass er die unter dieser Adresse abgesandte Einwilligung in E-Mail-Werbung nicht abgegeben hat - etwa mit der Begründung, bei der E-Mail-Adresse, unter der die Bestätigung versandt worden sei, handele es sich nicht um die seine; er habe auch keinen Zugang zu dieser Adresse. Dafür trägt er allerdings die Darlegungslast. Kann der Verbraucher darlegen, dass die Bestätigung nicht von ihm stammt, war die Werbezusendung auch nicht von einer Einwilligung gedeckt, wenn die E-Mail-Adresse im Double-Opt-In-Verfahren gewonnen wurde.

entsprechend BGH, Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 164/09 -, juris

Für die Bedeutung einer Bestätigungsmail im elektronischen Double-Opt-In-Verfahren für das Einverständnis des Verbrauchers mit Werbeanrufen ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass kein notwendiger Zusammenhang zwischen der E-Mail-Adresse, unter der der Teilnahmeantrag abgesandt wurde, und der in ihm angegebenen Telefonnummer besteht. So kann es zahlreiche Gründe dafür geben, dass eine falsche Telefonnummer in ein Online-Teilnahmeformular eingetragen wird. Sie reichen von der versehentlichen Falscheingabe über den vermeintlich guten Dienst, eine andere Person für ein Gewinnspiel anzumelden, bis zur Angabe der elterlichen Telefonnummer durch Minderjährige. Nicht auszuschließen ist ferner die bewusste Falscheingabe in Belästigungs- und Schädigungsabsicht oder sogar durch den tatsächlichen Inhaber der E-Mail-Adresse, um gerade nicht selbst zu Werbezwecken angerufen zu werden. Insgesamt liegt eine fehlerhafte Angabe einer Telefonnummer bei derartigen Online-Formularen keinesfalls fern.

so BGH, Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 164/09 -, juris

Entscheidend ist und in diesem Zusammenhang kommt es auch nicht auf eine quantifizierbare Anzahl an, dass durch das Double-Opt-In-Verfahren die „Echtheit” der Telefonnummer, die der Verbraucher bei seiner Registrierung angegeben hat, nicht überprüft wird. Auf den Verifizierungsvorgang per Double-Opt-in-Verfahren für die E-Mail-Adresse hat die Telefonnummer keinen Einfluss. Gibt der Verbraucher bei der Abfrage nicht seine Nummer an, sondern - warum auch immer - die eines anderen Anschlussinhabers, so mag der Verbraucher wirksam in Telefonwerbung ihm gegenüber eingewilligt haben. Der Dritte, dessen Telefonnummer der Unternehmer jedoch tatsächlich erhält und der daraufhin zu Werbezwecken angerufen wird, hat dies jedoch gerade nicht getan. Allein dann, wenn der Unternehmer darlegen kann, dass der Telefonanschluss auch der E-Mail-Adresse zuzuordnen ist, unter der die Bestätigung abgesandt wurde, obliegt es dem Verbraucher darzulegen, dass er kein Einverständnis mit Werbeanrufen erklärt hat. Im Vorhinein ist dies für den Unternehmer aber nicht feststellbar. Wessen Telefonnummer der Unternehmer erlangt, weiß er nicht. Das Double-Opt-In-Verfahren bietet keine geeignete Möglichkeit, die erforderliche Einwilligung in Telefonwerbung zu dokumentieren und erforderlichenfalls Beweis zu führen.

so Hahn, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 164/09 -, EWiR 2011, 757, entsprechend OLG Frankfurt a.M, Urteil vom 27.06.2019 - 6 U 6/19 -, BeckRS 2019, 17820

Das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung hat nichts an dieser Tatsache geändert.

In Art. 4 Nr. 11 DS-GVO wird die Einwilligung der betroffenen Person als jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung definiert, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Diese Definition ist insofern enger als die Definition in Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG, als sie eine unmissverständlich abgegebene Willensbekundung der betroffenen Person und eine eindeutige bestätigende Handlung verlangt, die das Einverständnis mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Ausdruck bringt. Dieses Ergebnis wird auch durch die Erwägungsgründe der DS-GVO gestützt, die in der Unionsrechtsordnung deskriptiver Natur sind. Nach dem 32. Erwägungsgrund der DS-GVO sollte die Einwilligung durch eine eindeutige bestätigende Handlung erfolgen, mit der freiwillig, für den konkreten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich bekundet wird, dass die betroffene Person mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist, etwa in Form einer schriftlichen Erklärung, die auch elektronisch erfolgen kann, oder einer mündlichen Erklärung.

entsprechend EuGH, Urteil vom 01.10.2019 - C-673/17 -, juris, unter Hinweis auf den Schlussantrag vom 21.03.2019 - C-673/17 - des Generalanwalts beim EuGH (Szpunar), BeckRS 2019, 3909

Diese Auslegung wird auch durch den vorgehenden Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG bestätigt, der eine abschließende Liste der Fälle enthält, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann. Bereits nach Art. 7 lit. a der Richtlinie 95/46 setzte die Rechtmäßigkeit einer solchen Verarbeitung insbesondere voraus, dass die betroffene Person ihre Einwilligung „ohne jeden Zweifel“ gegeben hat.

Kann die Klägerin damit in dem von ihr gewählten Verfahren keine Einwilligung in die Nutzung der erlangten Telefonnummer zu Werbeanrufen durch den Anschlussinhaber nachweisen, kann sie sich nicht auf eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO berufen.

Die Rechtmäßigkeit der aufgegriffenen Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Klägerin lässt sich auch nicht auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO stützen. Danach ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

Der zur gerichtlichen Entscheidung anstehende Lebenssachverhalt unterfällt bereits nicht Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO.

Die Richtlinie 2002/58/EG bestimmt in ihrem Art. 13 Abs. 3 den maßgeblichen Schutzstatus natürlicher Personen (Art. 13 Abs. 5 S. 1 Richtlinie 2002/58/EG) gegenüber Telefonwerbung.

Darin heißt es:

Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass außer in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Fällen unerbetene Nachrichten zum Zwecke der Direktwerbung, die entweder ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer oder Nutzer erfolgen oder an Teilnehmer oder Nutzer gerichtet sind, die keine solchen Nachrichten erhalten möchten, nicht gestattet sind; welche dieser Optionen gewählt wird, wird im innerstaatlichen Recht geregelt, wobei berücksichtigt wird, dass beide Optionen für den Teilnehmer oder Nutzer gebührenfrei sein müssen.

Damit schließt das Unionsrecht im Falle der an natürliche Personen gerichteten telefonischen Werbeansprache eine Interessenabwägung aus. Entweder ist telefonische Direktwerbung ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer verboten (wie z. B. in Deutschland) oder nicht gestattet, sobald der Teilnehmer gemäß der nationalen Regelung erklärt hat, keine solchen Nachrichten erhalten zu wollen (wie z.B. in Frankreich).

Auch die aktuelle in Vorbereitung befindliche der Fassung der Richtlinie 2002/58/EG als Verordnung sieht eine - von einer Interessenabwägung unabhängige - eindeutige Regelung vor.

vgl. Ratsdokument 12633/19 vom 04.10.2019 - Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council concerning the respect for private life and the protection of personal data in electronic communications and repealing Directive 2002/58/EC (Regulation on Privacy and Electronic Communications), S. 75: „4. Notwithstanding paragraph 1, Member States may provide by law that the placing of direct marketing voice-to-voice calls to end-users who are natural persons shall only be allowed in respect of end-users who are natural persons who have not expressed their objection to receiving those communications.“

Werbeanrufe unterfallen Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG (in der Fassung der Richtlinie 2009/136/EG, die zum Sachverhalt aber keine Änderung brachte).

Dazu ist in der Bundestagsdrucksache 16/10145, S. 29, ausgeführt:

Diese Bestimmung weicht von Nummer 26 des Anhangs I der Richtlinie [2005/29/EG] insoweit ab, als danach bereits der erste unerwünschte, d. h. ohne vorherige Zustimmung vorgenommene Werbeanruf unzulässig ist (als „Opt-in“-System bezeichnet, vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, Bundestagsdrucksache 15/1487, S. 21), während von Nummer 26 des Anhangs I der Richtlinie [2005/29/EG] nur „hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon“ usw. erfasst wird. Die insoweit strengere Regelung ist jedoch zulässig. Denn sie beruht auf Artikel 13 Abs. 3 der vorstehend näher bezeichneten Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation 2002/58/EG. Diese Bestimmung bleibt nach der ausdrücklichen Regelung in Nummer 26 des Anhangs I der Richtlinie [2005/29/EG] unberührt. Hinzu kommt, dass es den Mitgliedstaaten nach Artikel 13 Abs. 3 der genannten Richtlinie 2002/58/EG freisteht, entweder ein „Opt-in“-System wie im UWG oder ein „Opt-out“-System einzuführen, wobei Werbeanrufe nur im zweiten Fall erst dann unzulässig sind, wenn der Angerufene (anlässlich des Erstanrufs oder durch seine Aufnahme in eine sogenannte Robinson-Liste) es ausdrücklich abgelehnt hat, zu Werbezwecken angerufen zu werden. Die vorliegend umzusetzende Richtlinie [2005/29/EG] hat dieses Wahlrecht nicht eingeschränkt. Nach Erwägungsgrund 14 der Richtlinie [2005/29/EG] findet keine Vollharmonisierung statt, soweit das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten für den Verbraucherschutz bei geschäftlichen Handlungen die Wahl zwischen mehreren Regelungsoptionen lässt. In diesem Zusammenhang wird in dem Erwägungsgrund sogar ausdrücklich auf Artikel 13 Abs. 3 der vorgenannten Richtlinie 2002/58/EG Bezug genommen.

Die Fortgeltung des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG im Hinblick auf die Richtlinie 2005/29/EG vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt hat der BGH in seinem Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 164/09 -, juris, ausführlich begründet. Darin heißt es:

Allerdings wurden die Regeln über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern mit der Richtlinie 2005/29/EG auf Gemeinschaftsebene vollständig harmonisiert. Dabei stellt Anhang I der Richtlinie eine erschöpfende Liste der Geschäftspraktiken auf, die nach ihrem Art. 5 Abs. 5 "unter allen Umständen" als unlauter anzusehen sind. Nur diese Geschäftspraktiken können daher ohne eine Beurteilung des Einzelfalls anhand der Bestimmungen der Art. 5 bis 9 der Richtlinie 2005/29/EG als unlauter gelten, weil das Merkmal der Unlauterkeit bereits in ihrem Tatbestand enthalten ist. Nach dem ersten Satz der Nummer 26 des Anhangs I der Richtlinie ist allein das hartnäckige und unerwünschte Ansprechen von Kunden über Telefon, Fax, E-Mail oder sonstige für den Fernabsatz geeignete Medien unter allen Umständen unlauter. Dies gilt gemäß Satz 2 dieser Bestimmung jedoch "unbeschadet des Artikels 10 der Richtlinie 97/7/EG sowie der Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG". Dadurch wird insoweit nicht etwa ein Vorrang der Richtlinie 2005/29/EG angeordnet. Die genannten Vorschriften - und damit insbesondere auch Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG - behalten vielmehr ohne Einschränkung durch die Richtlinie 2005/29 EG weiterhin Gültigkeit. Diese schon nach dem Wortlaut gebotene Auslegung wird durch die beiden letzten Sätze des Erwägungsgrunds 14 dieser Richtlinie bestätigt. Danach sollte die Richtlinie 2005/29/EG das bestehende Gemeinschaftsrecht unberührt lassen, das den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Wahl zwischen mehreren Regelungsoptionen für den Verbraucherschutz auf dem Gebiet der Geschäftspraktiken lässt. Die vorliegende Richtlinie sollte insbesondere Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie 2002/58/EG unberührt lassen. Die Regelung in Nr. 26 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG [zu unter allen Umständen als unlauter geltenden aggressiven Geschäftspraktiken - Kunden werden durch hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon, Fax, Email oder sonstige für den Fernabsatz geeignete Medien geworben] wird bei weiterer Zulässigkeit der "Opt-in"-Lösung im Recht der Mitgliedstaaten keineswegs überflüssig. Sie behält ihren Anwendungsbereich für die Mitgliedstaaten, in denen in Anwendung der zweiten Regelungsoption des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG Telefonwerbung nur dann unzulässig ist, wenn sie sich an Teilnehmer richtet, die ihr widersprochen haben ("Opt-out"-Lösung). Das Auslegungsergebnis einer Fortgeltung des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG ist nach Wortlaut, Systematik und Zweck der maßgeblichen unionsrechtlichen Vorschriften so eindeutig, dass es keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV bedarf.

Für Sachverhalte ab dem 25.05.2018 gilt die Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit der Verordnung (EU) 2016/679 (DS-GVO).

so Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH (Szpunar) vom 21.03.2019 - C-673/17 -, BeckRS 2019, 3909, Rz. 47

Art. 95 DS-GVO bestimmt das Verhältnis zur Richtlinie 2002/58/EG:

Diese Verordnung erlegt natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf, soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58/EG festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.

Damit entsprach es nicht dem Willen des Verordnungsgebers die Richtlinie 2002/58/EG aufzuheben oder zu modifizieren. Dies kommt auch in Erwägungsgrund 173 der DS-GVO zum Ausdruck, wo es heißt:

Diese Verordnung sollte auf alle Fragen des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten Anwendung finden, die nicht den in der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates bestimmte Pflichten, die dasselbe Ziel verfolgen, unterliegen, einschließlich der Pflichten des Verantwortlichen und der Rechte natürlicher Personen. Um das Verhältnis zwischen der vorliegenden Verordnung und der Richtlinie 2002/58/EG klarzustellen, sollte die Richtlinie entsprechend geändert werden. Sobald diese Verordnung angenommen ist, sollte die Richtlinie 2002/58/EG einer Überprüfung unterzogen werden, um insbesondere die Kohärenz mit dieser Verordnung zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die DS-GVO für Telefonwerbung vorrangige Geltung gegenüber der Richtlinie 2002/58/EG beansprucht.

vgl. OLG München, Urteil vom 21.03.2019 - 6 U 3377/18 - , GRUR 2019, 654

Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG gibt für telefonische Werbeansprachen, die an natürliche Personen adressiert sind, ausdrücklich nur zwei mitgliedstaatliche Möglichkeiten der Umsetzung des unionsrechtlichen Schutzes verbindlich vor. Entweder ein nationales Register, wonach es verboten ist, Telefonwerbung an solche Teilnehmer oder Nutzer zur richten, die sich dort haben eintragen lassen, um keine entsprechenden Nachrichten zu erhalten. Oder eine nationale Bestimmung, dass Telefonwerbung ohne Einwilligung des betroffenen Teilnehmers überhaupt nicht gestattet ist. Von letzterer Regelungsmöglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht.

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, der, wie ausgeführt, der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG dient, ist Telefonwerbung gegenüber natürlichen Personen generell nur nach deren vorheriger ausdrücklicher Einwilligung zulässig.

Dabei sind die Voraussetzungen für die Einwilligung in Einklang mit Unionsrecht nunmehr nach der DS-GVO zu bestimmen.

vgl. Ohly in Ohly/Sosnitz, UWG, 7. Aufl. 2016, § 7 UWG Rz. 47, zur vorgehenden Richtlinie 2002/58/EG

Da, wie dargelegt, mit der von der Klägerin gewählten Verfahrensweise eine solche nicht vorliegt, ist die telefonische Werbeansprache der Klägerin verboten.

Der von der Klägerin vorgetragene Umstand, dass in einem anderen Land der Union, wie etwa Frankreich, in dem Telefonwerbung erst unzulässig ist, nachdem sich der Telefonteilnehmer in dem entsprechenden Register hat eintragen lassen, ist für das hier anzuwendende Recht überhaupt nicht entscheidungserheblich. Der klägerische Vortrag führte in seiner Konsequenz dazu, dass auch solche nationale Regelungen und das Verbot eines Telefonanrufs nach dem Eintrag im nationalen Register im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO stünden. Dies entspricht eindeutig nicht dem Willen des Verordnungsgebers, der weiterhin eine Harmonisierung der Richtlinie 2002/58/EG anstrebt.

Aber auch wenn man Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO für anwendbar ansieht, ergibt sich kein anderes Ergebnis.

In diesem Falle mangelt es bereits am Vorliegen eines berechtigten Interesses der Klägerin im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO.

Aus Erwägungsgrund 47 der DS-GVO ergibt sich, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden kann.

Darin heißt es:

Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung kann durch die berechtigten Interessen eines Verantwortlichen, auch eines Verantwortlichen, dem die personenbezogenen Daten offengelegt werden dürfen, oder eines Dritten begründet sein, sofern die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen; dabei sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. Ein berechtigtes Interesse könnte beispielsweise vorliegen, wenn eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen besteht, z. B. wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen ist oder in seinen Diensten steht. Auf jeden Fall wäre das Bestehen eines berechtigten Interesses besonders sorgfältig abzuwägen, wobei auch zu prüfen ist, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird. Insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen muss, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen überwiegen. Da es dem Gesetzgeber obliegt, per Rechtsvorschrift die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörden zu schaffen, sollte diese Rechtsgrundlage nicht für Verarbeitungen durch Behörden gelten, die diese in Erfüllung ihrer Aufgaben vornehmen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten im für die Verhinderung von Betrug unbedingt erforderlichen Umfang stellt ebenfalls ein berechtigtes Interesse des jeweiligen Verantwortlichen dar. Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.

Dabei reicht es aber nicht aus, dass der Verantwortliche ein Interesse daran hat, Nutzen aus der Verarbeitung zu ziehen, sei es wirtschaftlicher oder ideeller Art. Vielmehr muss das Interesse an der Verarbeitung ein berechtigtes Interesse sein. Dies setzt voraus, dass die vom Verantwortlichen mit der Verarbeitung verfolgten Ziele - hier telefonisches Direktmarketing ohne vorgehende Einwilligung - im Einklang mit Unionsrecht stehen.

vgl. Heberlein in Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 6 Rz. 25; Helfrich in Forgó/Helfrich/Schneider, Betrieblicher Datenschutz, 3. Auflage 2019, Kapitel 3, Rz. 53

Die DS-GVO lässt Vorgaben für die Interessenabwägung durch die Mitgliedstaaten nicht mehr zu.

vgl. Heberlein in Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 6 Rz. 33; Schulz in Gola, DS-GVO, 2. Aufl 2018 , DS-GVO Art. 6 Rz. 73

Eine Eingrenzung auf „legale“ Interessen kann jedoch in Bezug auf die vorgegebene Unionsrechtskonformität der Interessenverfolgung postuliert werden.

Sydow, Europäische DS-GVO, 2. Auflage 2018, DS-GVO Art. 6 Rz. 54, unter Hinweis auf Ferretti CMLR 51 (2014), 843 (862), der Rechtspositionen der Verarbeiter für erforderlich hält, um die Verordnung insoweit nach Art. 52 Abs. 1 EUGRCh zu rechtfertigen, wonach jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten muss; unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Da die aufgegriffene telefonische Werbeansprache in Widerspruch zur Richtlinie 2002/58/EG steht, wie ausgeführt, lässt sie sich somit auch nicht mittels Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO rechtfertigen.

Entsprechend kann die Löschung der von der Klägerin im beanstandeten Verfahren gewonnen und bereits gespeicherten personenbezogenen Daten auf Art. 58 Abs. 2 lit. g DS-GVO gestützt werden, da diese unrechtmäßig im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO verarbeitet wurden. Einer weiteren Konkretisierung bedarf es nicht, da sich die Daten zwanglos aus dem gewählten Verfahren herleiten lassen.

Auch die Ermessensentscheidung im Einzelfall ist nicht zu beanstanden.

Entgegen einer vordergründigen Betrachtung, die, wie von der Klägerin angestellt, ausschließlich auf die Anwendung einer nationalen Bestimmung abstellt, wird die Beklagte zur Durchsetzung der Harmonisierung dienenden Unionsrechts in Gestalt der Richtlinie 2002/58/EG tätig. Diese muss so in nationales Recht umgesetzt werden, dass ihre Rechte für den Einzelnen erkennbar sind und er sie geltend machen kann. Von daher bestehen keine Bedenken, dass die Beklagte zur Durchsetzung der Richtlinie 2002/58/EG i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG berufen ist.

Die getroffenen Anordnungen sind auch verhältnismäßig. Sie sind geeignet und erforderlich um die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten. Ein milderes Mittel ist nicht erkennbar.

Die Anordnungen sind auch angemessen. Die Interessenabwägung fällt zugunsten der betroffenen Telefonteilnehmer aus. Die Rechte aus Art. 7 und 8 EUGRCh, die Achtung des Privat- und Familienlebens und der Schutz personenbezogener Daten, sind hohe und besonders schützenswerte Güter. Insbesondere in Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung, sind diese besonders vor Missbrauch zu schützen. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass Werbung über zahlreiche andere Kanäle möglich ist und auch das Validieren von Telefonnummern mittels per SMS übersandter Bestätigungspins/ -codes, welche in der Bestätigungs-E-Mail zu verwenden sind, in Betracht kommt, überwiegen diese Rechtsgüter das durch Art. 15 und 16 EUGRCh (Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten, Unternehmerische Freiheit) geschützte Recht der Klägerin derartige Werbeansprachen in der aufgegriffenen Weise durchzuführen.

Die gesetzte Frist von zwei Wochen zur Umsetzung ist ebenfalls verhältnismäßig. Die Einstellung der praktizierten Datenerhebung und -verwendung sowie die aufgegebene Löschung erfordern keinen hohen Aufwand und können kurzfristig umgesetzt werden.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Anlass die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, besteht nicht, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.