Speicherung von allgemein zugänglichen Daten zur Kundenakquisition
Leitsatz
Speicherung von allgemein zugänglichen Daten zur Kundenakquisition
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 1 K 257/17 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Entscheidungsgründe
I.
Zwischen den Beteiligten steht die Rechtmäßigkeit einer datenschutzrechtlichen Anordnung des Beklagten in Streit.
Die Klägerin ist europaweit im Bereich des Ankaufs von Edelmetallresten von Zahnarztpraxen und Dentallaboren tätig. Sie akquiriert Kunden, indem sie die Kontaktdaten von Zahnarztpraxen und Zahnlaboren, d.h. Name und Vorname des Praxisinhabers sowie die Praxisanschrift nebst Telefonnummer aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen, wie z.B. den Gelben Seiten, ausfindig macht und in einer Datenbank zu eigenen geschäftlichen Zwecken speichert. Danach erfolgt anhand dieser Daten eine telefonische Ansprache der Zahnarztpraxen und Dentallabore, um in Erfahrung zu bringen, ob diese Edelmetalle an die Klägerin verkaufen möchten, wobei nach Angaben der Klägerin in dem ersten Telefonanruf deren Dienstleistung und bei Interesse auch das mögliche weitere Prozedere erläutert werden.
Aufgrund der Eingabe eines Zahnarztes vom 19.10.2015 wurde der Beklagte auf die Geschäftspraxis der Klägerin aufmerksam gemacht. In der Folge forderte der Beklagte die Klägerin zur Darstellung des Prozesses der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für Werbezwecke auf.
Nach entsprechender Korrespondenz sowie Erörterung und Anhörung ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 10.1.2017 auf der Grundlage von § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG gegenüber der Klägerin an, die für den Zweck einer telefonischen Werbeansprache erfolgende Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten von Inhabern von Zahnarztpraxen einzustellen, sofern keine Einwilligung des Betroffenen im Sinne des § 4 Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG vorliegt oder bereits ein Geschäftsverhältnis mit dem Betroffenen besteht.
Darüber hinaus wurde die Löschung der für o.g. Zweck erhobenen und gespeicherten Daten angeordnet und der Klägerin aufgegeben, die angeordneten Maßnahmen innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt der „Rechtskraft“ des Bescheids umzusetzen und dies dem Beklagten gegenüber anzuzeigen. Für den Fall, dass die Klägerin den Anordnungen nicht, nicht vollständig oder nicht innerhalb der genannten Frist nachkommt, wurde unabhängig voneinander jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 2500 EUR angedroht und zugleich aufschiebend bedingt festgesetzt.
Zur Begründung ist in dem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, der von der Klägerin betriebene Datenumgang verstoße in dem näher bezeichneten Umfang gegen § 4 Abs. 1 BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig sei, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaube oder anordne oder der Betroffene eingewilligt habe. Eine explizite Einwilligung im Sinne des § 4a Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG der von der Werbeansprache Betroffenen liege nicht vor und komme vorliegend auch nicht in Betracht, so dass die Nutzung der personenbezogenen Daten für Werbezwecke nur zulässig erfolgen könne, wenn die Voraussetzungen des § 28 Absatz 3 Satz 3 BDSG in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BDSG vorlägen.
Daran fehle es jedoch. Der institutionalisierte und rechtsgrundlose Umgang mit personenbezogenen Daten der Zahnärzte beeinträchtige diese in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, so dass dieser zu untersagen sei. Der Anordnungsgegenstand umfasse ausdrücklich nur telefonische Werbeansprachen von Zahnärzten, für die keine explizite Einwilligung vorliege bzw. zu denen bisher keine Geschäftsbeziehung bestanden habe. Eine Nutzung der Kontaktdaten der Praxisinhaber mit dem Ziel einer schriftlichen Kontaktaufnahme bleibe von der Anordnung unberührt.
Gegen den ihr zu Händen ihrer Bevollmächtigten am 11.1.2017 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 13.2.2017, einem Montag, Klage erhoben.
Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, in A-Stadt-... ein Call-Center mit mehr als 60 Mitarbeitern zu betreiben und europaweit einen Kundenstamm von ca. 10.000 Zahnarztpraxen und Dentallaboren zu besitzen.
Sie biete Zahnarztpraxen und Dentallaboren an, die in den Praxen bzw. Laboren angefallenen Edelmetallreste durch einen Außendienstmitarbeiter mit einem mobilen Spektrometer kostenfrei und unverbindlich zu analysieren sowie zu bewerten und diese ggf. zu einem marktgerechten Preis anzukaufen. Die erste Kontaktaufnahme erfolge ausschließlich per Telefon über die zentrale Telefonnummer der Praxis und dauere im Schnitt ca. eine Minute. Werde von dem jeweiligen Zahnlabor bzw. der Zahnarztpraxis ein Interesse an dem Service bekundet, werde ein Vor-Ort-Termin bei dem Zahnlabor bzw. der Zahnarztpraxis vereinbart.
Der Geschäftskontakt stelle für die Angerufenen in aller Regel eine willkommene Gelegenheit dar, Edelmetallreste, die ansonsten ungenutzt in den Zahnarztpraxen lagern würden, zu veräußern und damit zu Geld zu machen. Ausgehend davon sei der angefochtene Untersagungsbescheid rechtswidrig. Da ein Großteil der Ärzte in Personen- oder Kapitalgesellschaften organisiert seien, finde das BDSG auf sie keine Anwendung. Aber auch im Falle von inhabergeführten Einzelpraxen handele es sich bei den verwendeten Telefonnummern um rein geschäftliche Daten, die keinen Personenbezug aufwiesen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie - die Klägerin - Praxisgemeinschaften, „zahnmedizinische Zentren“ und dergleichen weiter telefonisch kontaktieren dürfe, Einzelzahnärzte aber nicht. Dentallabore habe der Beklagte nunmehr – entgegen ihrer ursprünglichen Absicht – unabhängig von der Organisationsform im Bescheid offensichtlich generell ausgenommen. Weshalb die Rechtslage aber bei rein inhabergeführten Zahnlaboren anders zu beurteilen sein solle als bei inhabergeführten Zahnarztpraxen, erschließe sich ebenfalls nicht. In diesem Punkt sei der angegriffene Verwaltungsakt in sich nicht stimmig. Gehe man von der Anwendbarkeit des BDSG aus, bestimme sich die Zulässigkeit ihrer Vorgehensweise nach § 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 2.Alt. i.V.m. § 28 Abs. 3 Satz 3 BDSG.
Bei einer datenschutzrechtlichen Bewertung seien im Rahmen der gemäß § 28 Abs. 3 Satz 6 BDSG vorzunehmenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen die Wertungen des § 7 UWG zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei die Telefonwerbung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. UWG wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, da von einer mutmaßlichen Einwilligung der Betroffenen ausgegangen werden könne. Denn es bestehe ein sachliches Interesse der Angerufenen an einer telefonischen Kontaktaufnahme. Wünsche der Angerufene keine Anrufe mehr, werde er in ihrer Telefonanlage dauerhaft gesperrt und nicht mehr angerufen. Dies sei auch bei dem Petenten geschehen. Die vom Petenten vorgetragenen Belästigungen stammten nicht von der Klägerin. Setze man die Vorzüge der Flexibilität einer telefonischen Ansprache in Relation zum geringen Maß der Belästigung, seien die Anrufe der Klägerin mehr als hinnehmbar. Zur Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses i.S.d. § 7 UWG bedürfe es keiner „Dringlichkeit“.
Eine Dringlichkeit könne lediglich ein Indiz für das Vorliegen eines sachlichen Interesses und damit eines mutmaßlichen Einverständnisses sein. Der Beklagte habe verkannt, dass seitens potentieller Neukunden zumindest von einer mutmaßlichen Einwilligung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG in die Speicherung und Nutzung der Telefonnummern auch von inhabergeführten Zahnarztpraxen auszugehen sei. Im Übrigen entspreche die Nutzung der zentralen Telefonnummer von Zahnarztpraxen zur Anbahnung von Metallankäufen den üblichen Gepflogenheiten in der Branche. Zudem sei der Beklagte bei der Ausübung seines Ermessens von falschen Erwägungen ausgegangen.
So habe er im Rahmen der Ermessensentscheidung die Besonderheiten der Nachfragewerbung im Vergleich zur Absatzwerbung nicht beachtet. Auch sei der Beklagte hinsichtlich der Frage, in wessen Eigentum die in Zahnarztpraxen vorhandenen Edelmetallreste stünden, von unzutreffenden Erwägungen ausgegangen. Darüber hinaus benachteilige der angefochtene Bescheid sie dadurch unangemessen, dass nur in Fällen, in denen eine Einwilligung des Betroffenen in Speicherung und Nutzung vorliege oder eine Geschäftsverbindung zu dem Betroffenen bestehe, die entsprechenden Daten von der Löschpflicht ausgenommen seien. Es seien auch Fälle denkbar, in denen im Einzelfall auch ohne bestehende Geschäftsverbindung von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen werden könne und von daher eine Speicherung und Nutzung zwecks telefonischer Werbeansprache zulässig sei. Auch sei nicht klar, was unter einem von der Regelung ausgenommenen „zahnmedizinischen Zentrum“ zu verstehen sei bzw. in welchen Fällen die zentrale Rufnummer ein personenbezogenes Merkmal im Sinne der Regelung sei.
Der Verwaltungsakt genüge weder hinsichtlich der Definition des Begriffes „Zahnarztpraxis“ noch hinsichtlich des Merkmals „Bestehen eines Geschäftsverhältnisses“ dem Bestimmtheitserfordernis des § 37 VwVfG. Die Anordnung des Beklagten sei schließlich insgesamt unangemessen. Denn durch deren Vollziehung würde ihr die gesamte Grundlage für ihre gewerbliche Tätigkeit entzogen. Das Unterlassen der Speicherung und Nutzung von aus allgemeinen Verzeichnissen gewonnenen Telefonnummern zwecks initialer telefonischer Werbeansprache würde zu einem Erliegen des Neukundengeschäfts in Deutschland führen. Reine Werbung per Briefpost stelle kein gleich gut geeignetes, milderes Mittel dar, da die Antwortquoten bei der Briefwerbung verschwindend gering seien. Selbst wenn die Datensätze als solche mit Personenbezug zu qualifizieren wären und man ausgehend von der derzeitigen Regelung im BDSG der Argumentation des Beklagten folgen würde, wäre ihr Verhalten zumindest durch die Rechtslage de lege ferenda als rechtmäßig zu bewerten.
Durch die unmittelbare Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ab dem 25.5.2018 werde den bislang von dem Beklagten vorgetragenen Rechtsansichten der Boden entzogen. Da es sich bei dem angegriffenen Verwaltungsakt um einen in die Zukunft wirkenden Verwaltungsakt handele, sei die DS-GVO bereits jetzt zu berücksichtigen. Sie könne sich nach dem 25.5.2018 auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO als Rechtsgrundlage für ihre Datenerhebung und -verarbeitung berufen. Zwar entfalte die DS-GVO erst mit ihrer Anwendbarkeit zum 25.5.2018 unmittelbare und allgemeine Rechtswirkung, jedoch sei bereits im Vorfeld eine „verordnungskonforme“ Auslegung des BDSG vorzunehmen.
Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 10.1.2017 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er zunächst auf seine Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen. Die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des klägerischen Umgangs mit Kontaktdaten von Zahnärzten hänge von der wettbewerbsrechtlichen Fragestellung ab, ob eine mutmaßliche Einwilligung der Betroffenen im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. UWG angenommen werden könne.
Die von der Klägerin vorgenommene Differenzierung zwischen „Absatz-“ und „Nachfragewerbung“ sei unerheblich. Abzustellen sei vielmehr auf eine objektive Bewertung der Erwartungshaltung der Werbeadressaten.
Für die Fragestellung, ob ein sachliches Interesse der Werbeadressaten an der telefonischen Werbeansprache vermutet werden könne, sei nicht ausreichend, dass der Werbende von einem aktuellen Bedarf für die angebotene oder nachgefragte Ware oder Dienstleistung ausgehen dürfe; vielmehr müsse hinzu kommen, dass der Angerufene mutmaßlich auch gerade mit einer telefonischen Werbeansprache einverstanden sein werde.
Vorliegend könne mit Blick auf die Gesamtumstände eine solche mutmaßliche Einwilligung nicht angenommen werden. Gegen die Annahme einer solchen spreche insbesondere die von ihm eingeholte Stellungnahme der Ärztekammer des Saarlandes – Abteilung Zahnärzte – vom 29.8.2016. Der von der Klägerin angeführte Grad der Zufriedenheit ihrer Kunden sei für die Frage, ob eine mutmaßliche Einwilligung in einen Werbeanruf angenommen werden könne, ebenso unerheblich wie eine etwaige Annahme eines von der Klägerin unterbreiteten telefonischen Angebots.
Da nicht von einer mutmaßlichen Einwilligung der angerufenen Zahnärzte ausgegangen werden könne, verstoße die telefonische Werbeansprache der Klägerin gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und – soweit Einzelzahnärzte betroffen seien – damit auch gegen § 28 Abs. 3 BDSG. Die unter Ziff. 1.2. verfügte Datenlöschung finde ihre Rechtsgrundlage in § 35 Abs. 2 Nr. 1 BDSG. Die angefochtene Verfügung sei auch hinreichend bestimmt.
Es sei darin insbesondere klargestellt worden, dass die Verfügung nur für solche Praxisdaten Geltung beanspruche, die auf konkrete natürliche Personen beziehbar seien. Auch der Begriff „Geschäftsverhältnis“ erschließe sich aus der Gesamtschau der angegriffenen Verfügung, da konkreter Gegenstand des Verwaltungsakts die Untersagung der Nutzung von aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen erhobenen Daten sei und somit Fälle betreffe, in denen bisher mit dem Betroffenen der Ansprache keinerlei Kontakt bestanden habe. Auch der Hinweis der Klägerin auf die zum 25.5.2018 in Kraft tretende DS-GVO biete keinen Anlass zu einer anderen Bewertung.
Mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.3.2018 ergangenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 10.1.2018 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Da es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele, sei maßgeblich auf die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen.
Zunächst begegne der Bescheid keinen formellen Bedenken. Der Bescheid sei auch hinreichend bestimmt. Es gehe erkennbar darum, dass der Klägerin untersagt werde, zum Zweck einer telefonischen Werbeansprache aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen Daten zu erheben, die sich auf die Person eines konkreten Zahnarztes beziehen, zu dem bisher noch kein Kontakt bestanden habe. Der Bescheid sei auch sonst materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage des Bescheides sei § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG i.V.m. § 35 Abs. 2 Nr. 1 BDSG. Nach der erstgenannten Vorschrift könne der Beklagte im Falle von Verstößen gegen das BDSG die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Verstöße anordnen und zwar bis hin zur Untersagung der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung bestimmter Daten.
Gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 1 BDSG seien personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig sei. Die von dem Beklagten im angefochtenen Bescheid beanstandete Geschäftspraxis der Klägerin verstoße im Falle inhabergeführter Einzelzahnarztpraxen gegen das BDSG. Denn in Fällen inhabergeführter Einzelzahnarztpraxen erhebe, verarbeite und nutze die Klägerin als verantwortliche Stelle i.S.d. § 3 Abs. 7 BDSG im Rahmen ihrer Kundenakquise personenbezogene Daten im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 BDSG.
Auch Unternehmensdaten, die sich auf eine natürliche Person beziehen ließen, wie dies bei einem inhabergeführten Einzelunternehmen der Fall sein könne, seien datenschutzrechtlich relevant. In Rechtsprechung und Literatur sei allgemein anerkannt, dass die Telefonnummer ein personenbezogenes Merkmal des betreffenden Anschlussinhabers darstelle und zwar nicht nur bei privaten, sondern auch bei betrieblichen bzw. dienstlichen Telefonnummern.
Soweit die Klägerin einwende, ein Großteil der Ärzte sei in Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften organisiert, sei zwar zutreffend, dass das BDSG auf letztere keine Anwendung finde. Derartige Praxen bzw. Praxisgemeinschaften seien aber nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Der Umgang der Klägerin mit personenbezogenen Daten von inhabergeführten Einzelzahnarztpraxen verstoße gegen § 4 Abs. 1 BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig sei, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaube oder anordne oder der Betroffene eingewilligt habe.
Eine explizite Einwilligung im Sinne des § 4a Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG der von der Werbeansprache Betroffenen liege in den Fällen, in denen die Klägerin die Praxisdaten aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen gewonnen habe, unstreitig nicht vor. Als Rechtsgrundlage für die von der Klägerin praktizierte Nutzung personenbezogener Daten zu Werbezwecken komme demnach allein § 28 Abs. 3 BDSG in Betracht, der eine abschließende Spezialregelung für die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke der Werbung beinhalte. Konkret könnte die Vorgehensweise der Klägerin im Falle inhabergeführte Einzelzahnarztpraxen nur dann zulässig sein, wenn die Voraussetzungen des § 28 Absatz 3 Satz 3 BDSG in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BDSG vorliegen würden.
Daran fehle es jedoch.
Mit Ausnahme der Telefonnummern handele es sich bei den von der Klägerin gespeicherten und genutzten Daten um sog. „Listendaten“, die die Klägerin aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen erhebe.
Als Rechtsgrundlage für die Speicherung und Nutzung der Telefonnummer komme nur § 28 Abs. 3 Satz 3 BDSG in Betracht, wonach die verantwortliche Stelle für Zwecke nach Satz 2 Nr. 1 zu den dort genannten Daten weitere Daten hinzuspeichern dürfe, sofern hierdurch nicht schutzwürdige Interessen verletzt würden (§ 28 Abs. 3 Satz 6 BDSG). Die rechtlichen Voraussetzungen für ein Hinzuspeichern der Telefonnummern seien vorliegend nicht gegeben.
Es könne dahinstehen, ob ein Hinzuspeichern weiterer Informationen zu Listendaten i.S.v. § 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BDSG nur dann zulässig sei, wenn diese im Wege einer Direkterhebung, d.h. im Wege einer Erhebung beim Betroffenen selbst gewonnen würden. Unabhängig davon fehle es vorliegend jedenfalls am Erfordernis des § 28 Abs. 3 Satz 6 BDSG, wonach ein „Hinzuspeichern“ von Daten gemäß Abs. 3 Satz 3 zu sog. Listendaten nur zulässig sei, sofern hierdurch nicht schutzwürdige Interessen verletzt würden. Eine Verletzung schutzwürdiger Interessen sei insbesondere anzunehmen, wenn das UWG eine bestimmte Werbeform als unzumutbare Belästigung bewerte. Von Letzterem sei hier auszugehen.
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG sei eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung. Da es sich hier um Werbung im sog. „B2B“-Bereich handele und eine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen nicht vorliege, sei für die Zulässigkeit der telefonischen Werbeansprache entscheidend, ob zumindest von einer mutmaßlichen Einwilligung der betroffenen Zahnärzte in telefonische Werbeansprachen der von der Klägerin praktizierten Art ausgegangen werden könne. Dies sei zu verneinen. Maßgebend sei, ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände davon ausgehen könne, der Anzurufende erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls positiv gegenüberstehen. Dabei müsse sich die mutmaßliche Einwilligung des anzurufenden Gewerbetreibenden nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Art der Werbung erstrecken. Der anzurufende Gewerbetreibende müsse dementsprechend mutmaßlich (gerade) auch mit einer telefonischen Werbung einverstanden sein. Ein (bloß) allgemeiner Sachbezug zu den Dienstleistungen des Anzurufenden reiche zur Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung nicht aus.
Auch sei unerheblich, ob der Angerufene später Interesse an dem Angebot zeige und es in der Folge möglicherweise sogar zu einem Abschluss komme. Ausgehend davon sei vorliegend eine mutmaßliche Einwilligung zu verneinen. Dabei könne dahinstehen, ob es sich im Sinne der von der Klägerin geltend gemachten Differenzierung um „Angebots“- oder „Nachfragewerbung“ handele und inwiefern eine solche Unterscheidung überhaupt von rechtlicher Relevanz sei. Jedenfalls sei die von der Klägerin vorgenommene Differenzierung nicht entscheidungserheblich.
Maßgeblich sei vielmehr eine Bewertung der Erwartungshaltung des Werbeadressaten unter Berücksichtigung der Gesamtumstände. Zwar möge es sein, dass es durchaus Zahnärzte gebe, die die telefonischen Werbeansprachen der Klägerin als willkommene Gelegenheit wahrnehmen würden, Edelmetallreste gewinnbringend zu veräußern. Auch sei der Klägerin zuzugestehen, dass eine telefonische Kontaktaufnahme durchaus Vorteile bieten könne, etwa der Gestalt, dass in einem Telefonat Einzelheiten zum organisatorischen Ablauf geklärt, ein konkreter Termin für die Anfahrt eines Technikers vereinbart oder auch Nachfragen beantwortet werden könnten. Daraus könne aber noch nicht generell auf eine mutmaßliche Einwilligung betroffener Zahnärzte in telefonische Werbeansprachen der vorliegenden Art geschlossen werden. Vielmehr sei andererseits zu berücksichtigen, dass der Verkauf von Edelmetallresten nicht zum eigentlichen Tätigkeitsbereich eines Zahnarztes gehöre, sondern sich Zahnärzten hier allenfalls die Möglichkeit einer zusätzlichen Einnahmequelle biete.
Die Telefonnummer der Praxis diene in erster Linie der Wahrnehmung der eigentlichen zahnärztlichen Tätigkeit, unter anderem insbesondere dazu, Patienten eine Kontaktaufnahme zu ermöglichen. Auch hätten Werbeanrufe der vorliegenden Art, selbst wenn ein einzelner Anruf nur kurze Zeit in Anspruch nehme, durchaus das Potenzial, den Praxisbetrieb zu stören. Angesichts der großen Zahl vergleichbarer Anbieter bestehe eine erhebliche Gefahr, dass auch zahlreiche Konkurrenten dasselbe Recht wie die Klägerin zu einem unaufgeforderten Werbeanruf für sich in Anspruch nähmen. Zudem könnten in gleicher Weise auch Anbieter sonstiger Leistungen, die für Zahnärzte in irgendeiner Art von Interesse sein könnten, z.B. Vertreiber von Praxisbedarfsartikeln usw., in gleicher Weise für ihre Produkte bzw. Dienstleistungen werben.
Dass Werbeanrufe der hier in Rede stehenden Art „branchenüblich“ seien, vermöge an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Mache eine Vielzahl von werbenden Unternehmen in einer bestimmten Branche von wettbewerbswidriger Telefonwerbung Gebrauch, so besage dieser Umstand nichts darüber, ob der Durchschnittsmarktteilnehmer mit dieser Werbemethode einverstanden sei. Vielmehr dürfte eher das Gegenteil anzunehmen sein und gehe es in diesen Fällen gerade darum, ein weiteres Umsichgreifen wettbewerbswidriger Telefonwerbung zu verhindern. Diese Erwägungen fänden Bestätigung in der Stellungnahme der Saarländischen Ärztekammer - Abteilung Zahnärzte – vom 29.8.2016, die der Beklagte im Verwaltungsverfahren eingeholt habe.
Danach bestehe in der Regel kein sachliches Interesse der Zahnärztin/des Zahnarztes an Werbeansprachen der vorliegenden Art. Zwar möge es sein, dass diese Art der Werbeansprache von vielen gewerblichen Unternehmen genutzt werde. Dies führe allerdings nicht dazu, dass telefonische Werbeansprachen als nicht belästigend empfunden würden. Von einer mutmaßlichen Einwilligung könne nicht ausgegangen werden. Dass die von den Beteiligten jeweils zum Beleg ihrer Auffassung herangezogene Entscheidung des BGH vom 20.2.2018 – VI ZR 30/17 –, welche bisher nicht einmal im Volltext veröffentlicht sei und die Frage der Zulässigkeit einer Datennutzung zum Zweck telefonischer Werbeansprachen nicht zum Gegenstand habe, eine andere Sichtweise nahelegen könnte, sei nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung der Klägerin biete auch eine Berücksichtigung der Rechtslage „de lege ferenda“ keinen Anlass zu einer anderen Bewertung.
Maßgeblich für die hier zu treffende Entscheidung sei die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Zwar sei der Klägerin zuzugestehen, dass bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe – bei dem Begriff der „berechtigten Interessen“ i.S.v. § 28 Abs. 3 Satz 6 BDSG handele es sich um einen solchen – auch eine künftige Änderung der Rechtslage mit in den Blick genommen werden könne und unter Umständen sogar müsse. Dies setze aber voraus, dass eine entscheidungserhebliche Änderung der materiellen Rechtslage bereits hinreichend konkret absehbar sei. Dies sei hier aber nicht der Fall.
Zwar stehe fest, dass ab dem 25.5.2018 die neue Datenschutz-Grundverordnung für den Datenschutz maßgeblich sei. Es sei aber nicht erkennbar, dass sich die materielle Rechtslage im hier streitgegenständlichen Bereich dadurch entscheidungserheblich ändern werde. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass das Verhalten der Klägerin nach der DS-GVO künftig als rechtmäßig zu bewerten sei.
Dies lasse sich insbesondere Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO nicht ohne weiteres entnehmen. Es bleibe zunächst abzuwarten, wie die Vorschrift von Rechtsprechung und Literatur ausgelegt werde.
Derzeit sei noch nicht absehbar, ob und ggf. welche Auswirkungen die DS-GVO für die Frage der Zulässigkeit einer Datennutzung zu Werbezwecken habe, zumal die entsprechende Materie in der bisher lediglich im Entwurf vorliegenden e-Privacy-Verordnung gesondert geregelt werden solle. Da die Werbepraxis der Klägerin somit als unzumutbare Belästigung i.S.v. § 7 Abs. 2 UWG anzusehen sei und demzufolge schutzwürdige Interessen der betroffenen Zahnärzte verletze, verstoße die Klägerin mit ihrer Form der Kundenakquise gegen das BDSG. Eine weniger einschneidende, zur Beseitigung des Verstoßes ebenfalls geeignete Maßnahme sei nicht ersichtlich. Die angefochtene Anordnung begegne auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keinen rechtlichen Bedenken, zumal der Klägerin hinreichende andere Formen der Werbung – etwa in Gestalt von Briefpostsendungen oder Anzeigen usw. – zur Verfügung stünden.
Soweit die Klägerin geltend mache, dass sie ohne die ihr in Bezug auf inhabergeführte Einzelpraxen untersagten telefonischen Werbeansprachen in ihrer Existenz gefährdet sei, sei dies schon kaum nachvollziehbar. Selbst wenn dies aber so wäre, würde dies der Beklagte nicht daran hindern, eine Beseitigung der in der Werbepraxis der Klägerin liegenden Rechtsverstöße zu verlangen. Der angefochtene Bescheid sei auch nicht in sich unstimmig; insbesondere sei kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erkennbar. Dass sich der Bescheid lediglich auf inhabergeführte Einzelzahnarztpraxen erstrecke, nicht jedoch auf als juristische Person organisierte Praxen bzw. sonstige Praxisgemeinschaften, habe seinen Grund darin, dass bei den letztgenannten Praxen keine Nutzung personenbezogener Daten i.S.d. BDSG in Rede stehe und von daher der Anwendungsbereich des BDSG nicht eröffnet sei. Die der Klägerin gesetzte Frist zur Umsetzung der angeordneten Maßnahmen sowie die angeordnete Anzeigepflicht begegneten ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Gleiches gelte für die für den Fall der Nichtbefolgung erfolgte Androhung und aufschiebend bedingte Festsetzung von Zwangsgeldern.
Gegen das ihr am 19.4.2018 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin am 14.5.2018 die Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am 18.6.2018 begründet.
II.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung (§§ 124a Abs. 4, 124 Abs. 1 VwGO) gegen das im Tenor bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg, da die vorgetragenen Zulassungsgründe nicht vorliegen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind nicht dargelegt.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Urteils liegen unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vor, die die Zulassung der Berufung gebieten würden. Solche bestehen dann, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Anhaltspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO meint dabei die Ergebnisrichtigkeit des Entscheidungstenors, nicht dagegen die (vollständige) Richtigkeit der dafür gegebenen Begründung(Beschluss des Senats vom 27.9.2018 – 2 A 729/17 – m.w.Nw., juris).
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die auf § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG i.V.m. § 35 Abs. 2 Nr. 1 BDSG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.1.2003 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 25.2.2015 (BGBl. I S. 162), gestützte Anordnung des Beklagten vom 10.1.2017 rechtmäßig ist, weil die Geschäftspraxis der Klägerin, zwecks telefonischer Werbeansprachen die aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen erhobenen Praxisdaten zu speichern und zu nutzen, im Falle inhabergeführter Einzelzahnarztpraxen gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstößt.
Die Klägerin kann sich zur Begründung der von ihr behaupteten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf der Basis des Bundesdatenschutzgesetzes (a.F.) der Rechtslage mit Blick auf die am 25.5.2018 – wenige Wochen nach der mündlichen Verhandlung – in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) nicht gerecht werde und das Gericht daher eine „nutzlose Entscheidung“ getroffen habe.
Die Klägerin beruft sich – im Wesentlichen unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens – darauf, dass sich die Erfahrungswerte der bisherigen Praxis nur begrenzt auf die Regelungen in der DS-GVO übertragen ließen. Durch die DS-GVO sei es zu einer spürbaren Akzentverschiebung im Vergleich zur alten Rechtslage nach dem BDSG gekommen.
Die Interessenabwägung in Artikel 6 Abs. 1f DS-GVO erfolge nach einem anderen Maßstab, da nun auf andere Leitlinien zurückgegriffen werden werde. Das Interesse des Verantwortlichen an der Durchführung von Direktwerbung werde durch den Normgeber als „berechtigtes Interesse“ anerkannt, anders als es bei Anwendbarkeit des BDSG gewesen sei. Im Erwägungsgrund 47 zu Artikel 6 DS-GVO sei explizit das Interesse des Verantwortlichen an der Durchführung einer „Direktwerbung“ genannt. Damit sei klar, dass die werbliche Datennutzung als besonders wichtiger Anwendungsfall eines berechtigten Interesses anzusehen sei.
Diese allgemeinen Ausführungen der Klägerin beinhalten keine ausreichenden Gründe, die eine Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht hat bei der rechtlichen Beurteilung der Anordnung des Beklagten vom 10.1.2017 in seinem Urteil vom 9.3.2018 zutreffend das bis zum 24.5.2018 geltende Bundesdatenschutzrecht für maßgeblich gehalten.
Die von der Klägerin reklamierte Beurteilung der angefochtenen Verfügung des Beklagten vom 10.1.2017 am Maßstab der Rechtslage aufgrund der ab 25.5.2018 maßgeblichen Datenschutz-Grundverordnung kam nicht in Betracht. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung der auf § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a.F. beruhenden Anordnung des Beklagten ist, da gegen diese Entscheidungen kein Widerspruchsverfahren stattfindet (vgl. § 28a SDSG i. d. Fassung der Bekanntmachung vom 28.1.2008; Amtsbl. S. 293), der Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Verfügung des Beklagten.
Das Bundesverwaltungsgericht(Urteil vom 27.3.2019 - 6 C 2/18 - (Videoüberwachungen zu privaten Zwecken); NVwZ 2019, 1126 - 1132; zitiert nach juris) hat entschieden, dass die Rechtmäßigkeit von Anordnungen zur Beseitigung datenschutzrechtlicher Verstöße nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. nach der Rechtslage zu beurteilen ist, die zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung gilt und nachträgliche Rechtsänderungen nicht zu berücksichtigen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, diese Bestimmung eröffne der Aufsichtsbehörde bei Feststellung eines Verstoßes gegen Datenschutzrecht einen Ermessensspielraum für das daran anknüpfende Vorgehen.
Die gerichtliche Nachprüfung einer behördlichen Ermessensentscheidung beziehe sich auf den Zeitpunkt der Ausübung des Ermessens, wenn sich aus dem materiellen Recht nichts Abweichendes ergebe. Für eine Ermessensentscheidung sei kennzeichnend, dass die Behörde zwischen mehreren rechtlich zulässigen, weil von der Bandbreite des Ermessensspielraums gedeckten Handlungsalternativen wählen könne. Die Verwaltungsgerichte prüften diese Auswahlentscheidungen nur eingeschränkt nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO nach. Insbesondere seien sie daran gehindert, ihre eigenen Auswahlerwägungen an die Stelle derjenigen der Behörde zu setzen. Dies schließe es grundsätzlich aus, Ermessensentscheidungen anhand von tatsächlichen und rechtlichen Erkenntnissen nachzuprüfen, die die Behörde nicht in ihre Erwägungen habe einbeziehen können, weil sie zum Zeitpunkt der Ermessensausübung noch nicht vorgelegen hätten(BVerwG, Urteile vom 20.5.1980 - 1 C 82.76 - BVerwGE 60, 133 <136> und vom 6.4.1989 - 1 C 70.86 - BVerwGE 81, 356 <358>; BFH, Urteil vom 26.3.1991 - VII R 66/90 - BFHE 164, 7 <9>)).
Vielmehr habe sich die Ermessensausübung zur Bestimmung der dem Verantwortlichen als Beseitigungsmaßnahme aufzuerlegenden Handlungs- oder Unterlassungspflichten an der Art des datenschutzrechtlichen Verstoßes zu orientieren. Ungeachtet des Umstands, dass sich die im konkreten vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall der dortigen Klägerin aufgegebenen Handlungsgebote ständig aktualisierten, weil damit die Verpflichtung einhergehe, den neu geschaffenen Zustand auf Dauer beizubehalten, seien derartige Maßnahmen gemäß § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. nach demjenigen Recht zu beurteilen, das zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung gegolten habe. Es hätte deutlicher Hinweise in der Datenschutz-Grundverordnung für die Annahme bedurft, dass der Normgeber der Europäischen Union nicht nur ein einheitliches unionsrechtliches Datenschutzrecht für die Zukunft geschaffen, sondern darüber hinaus bestimmt habe, dass datenschutzrechtliche Entscheidungen, die die Aufsichtsbehörden noch nach dem nationalen Datenschutzrecht getroffen hätten, rückwirkend an den anderen Strukturen der Datenschutz-Grundverordnung zu messen seien. Derartige Hinweise enthielten weder der Text der Datenschutz-Grundverordnung noch die Erwägungsgründe. Vielmehr bestimme Art. 96 DS-GVO die Fortgeltung der vor dem 24.5.2016 geschlossenen Übereinkünfte der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten und internationalen Organisationen über die Übermittlung personenbezogener Daten.
Diese vom Bundesverwaltungsgericht dargelegten Grundsätze beanspruchen auch im vorliegenden Fall Geltung, denn sowohl Anordnungen nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG als auch Anordnungen nach § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG, wonach bei schwerwiegenden Verstößen oder Mängeln die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung oder der Einsatz einzelner Verfahren untersagt werden kann, wenn die Verstöße oder Mängel nicht in angemessener Zeit beseitigt werden, stehen gleichermaßen im Ermessen der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Dass in Bezug auf die von dem Beklagten herangezogenen Ermächtigungsgrundlage des § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG ausnahmsweise ein anderer rechtlicher Beurteilungszeitpunkt als bei der Vorschrift des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG zugrunde zu legen wäre, erschließt sich dem Senat nicht. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Beklagten ist demzufolge vom Verwaltungsgericht zutreffend nach Maßgabe des damals geltenden Bundesdatenschutzrechtes beurteilt worden. Der Einwand der Klägerin, die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts könne wegen inzwischen geänderter Rechtslage keinen Bestand haben, verfängt daher nicht. Das Zulassungsvorbringen der Klägerin beschränkt sich im Weiteren auf die Subsumtion des Sachverhaltes unter Artikel 6 Abs. 1f DS-GVO und der danach zu treffenden Abwägungsentscheidung.
Diese auf die Rechtslage bei Anwendung der DS-GVO bezogenen Ausführungen sind indessen nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen, weil – was sich bereits aus dem Vorhergesagten ergibt – die Datenschutz-Grundverordnung nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Anordnungen zur Beseitigung datenschutzrechtlicher Verstöße gilt, die die Behörden vor deren Geltungsbeginn auf der Grundlage des nationalen Rechts getroffen haben, und sie daher auf die Anordnung des Beklagten keine Anwendung findet. Ob die Werbeanrufe der Klägerin mit der Datenschutz-Grundverordnung im Einklang stehen, war daher vom Verwaltungsgericht im Rahmen der Anfechtungsklage nicht zu klären.
Die Beantwortung dieser Frage setzt vielmehr zunächst eine eigenständige Prüfung seitens des Beklagten nach Maßgabe der §§ 49 ff. SVwVfG voraus, ob er die Anordnung für die Zukunft aufrechterhält(vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3. 2019 - 6 C 2.18 - und Beschluss vom 9.7.2019 - 6 B 2/18 -; juris). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen nach Maßgabe des Zulassungsvorbringens demzufolge insoweit nicht.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist ebenfalls nicht gegeben.
Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn sie eine in dem angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird(vgl. etwa Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 25.11.2015 - 1 A 385/14 -, SKZ 2016, 37, Leitsatz Nr. 7).
Die Klägerin meint, da zu den von ihr dargelegten Rechtsfragen der DS-GVO noch keine obergerichtlichen Entscheidungen vorlägen, seien diese Voraussetzungen gegeben. Diese Argumentation rechtfertigt die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht, weil es darauf für die Beurteilung des angefochtenen Bescheids in einem Berufungsverfahren nicht ankommen würde. Die Änderungen des Datenschutzrechts durch die Datenschutz-Grundverordnung und das gleichzeitige Außerkrafttreten des Bundesdatenschutzgesetzes finden – wie erwähnt – keine Berücksichtigung bei der Prüfung des vor Geltung der DS-GVO auf der Grundlage des BDSG a.F. erlassenen angefochtenen Bescheids des Beklagten. Die von der Klägerin in Zusammenhang mit der DS-GVO aufgeworfenen Rechtsfragen sind vorliegend daher keiner Klärung in einem Berufungsverfahren zugänglich.
Da das Vorbringen der Klägerin somit insgesamt keinen Grund für die von ihr beantragte Zulassung der Berufung im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO aufzeigt, ist ihr Antrag zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2, 47 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar.