Adressdienste für Wohnungssuchende
Leitsatz
1. Das Vorschussverbot für Wohnungsvermittlungen (§ 2 Abs.3 WoVermG) greift auch dann, wenn ein Adressdienst Wohnungssuchenden gegen Entgelt lediglich Makler- und Vermieteranschriften mitteilt.
2. Ein Verstoß gegen § 2 Abs.3 WoVermG ist ein Wettbewerbsverstoß.
Tenor
In dem Rechtsstreit (…) hat der 25. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 1993 durch (…) für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 17. September 1992 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin teilweise geändert:
Das Versäumnisurteil vom 28. April 1992 wird auch insoweit aufrechterhalten, soweit es das Landgericht aufgehoben und die Klage abgewiesen hat.
2. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 30.000,-- DM abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Die Beschwer des Beklagten beträgt 30.000,- DM.
5. Die Revision wird zugelassen.
Sachverhalt
Der Kläger ist Immobilienmakler. Der Beklagte warb in der "Berliner Morgenpost" vom 25. August 1991 wie folgt
"Wohnungssuche mit System, effektive Suchhilfe Fa. N(…), Telefon (…)"
Interessenten, die sich auf die Anzeige bei ihm meldeten, übersandte er aufgrund der ihm mitgeteilten persönlichen Daten Mietanfragen an Vermieter und Makler gegen ein von der Anzahl der Schreiben abhängiges Entgelt, mindestens 200,- DM. Den Kunden blieb es überlassen, ob und welche Schreiben sie absandten.
Der Kläger, der die Werbung für irreführend im Sinne von § 3 UWG hält, weil der Beklagte den Eindruck weitergehender Leistungen erwecke, als er tatsächlich erbringe und der darin darüber hinaus einen Verstoß gegen § 1 UWG i. V. m. § 2 Abs. 4 Wohnungsvermittlungsgesetz sieht, hat nach Ankündigung der Anträge, dem Beklagten unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu untersagen,
1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen mit dem Text "Wohnungssuche mit System, effektive
Suchhilfe . . .", zu werben, ohne darauf hinzuweisen, daß lediglich der Entwurf eines Anschreibens an Makler bzw. Vermieter gegen Entgelte angeboten werden soll,
2. für Hilfe bei der Wohnungssuche, insbesondere dem Fertigen von Anschreiben an Makler und/oder Vermieter, eine im voraus vor Abschluß eines Mietvertrages zu erbringende Gegenleistung zu fordern, entgegenzunehmen oder sich versprechen zu lassen, und Erledigung des ersten Antrags gegen den Beklagten am 28. April 1992 ein Versäumnisurteil erwirkt, durch das diesem untersagt worden ist, es zu unterlassen, für Hilfe bei der Wohnungssuche, insbesondere dem Fertigen von Anschreiben an Makler und/oder Vermieter eine im voraus vor Abschluß eines Mietvertrages, zu erbringende Gegenleistung zu fordern, entgegenzunehmen oder sich versprechen zu lassen.
In dem Urteil ist im übrigen der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Gegen das Versäumnisurteil hat der Beklagte Einspruch eingelegt.
Der Kläger hat gemeint:
Nach dem Wortlaut der Anzeige habe der Beklagte nicht lediglich eine Schreibhilfe angeboten, sondern Hilfe bei der Wohnungssuche, worunter nichts anderes als eine Vermittlungshilfe verstanden werden könne, wenn es sich auch um eine sehr unzureichende handele.
Der Kläger hat beantragt, das Versäumnisurteil vom 28. April 1992 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Er hat erwidert:
Die von ihm ausgeübte Tätigkeit, die der Kläger beanstande, falle nicht unter das Wohnungsvermittlungsgesetz, Tätigkeit zum Nachweis von Wohnraum sei eine solche im Sinne von § 652 BGB. Danach müßten Vertragspartner und Objekt genannt sein. Seine - des Beklagten - Tätigkeit sei vordringlich Schreibarbeit. Der Weitergabe von Adressen komme daneben nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
Er treffe auch keine spezielle Auswahl, welche Adressen er im Einzelfall weitergebe. Dazu sei er nicht in der Lage, weil er zu den Maklern keine Kontakte habe. Die Adressen könnten sich die Wohnungssuchenden unschwer auch aus dem Branchenverzeichnis herausschreiben. Wenn man gleichwohl seiner Tätigkeit den Charakter zumesse, auf Wohnungsvermittlung gerichtet zu sein, so müsse das für Verlage, die Branchenverzeichnisse und Immobilienanzeigen druckten, ebenso zutreffen.
Durch das Wohnungsvermittlungsgesetz sollten Mißstände bei der Wohnungssuche verhindert werden, also Schwierigkeiten bei der Rückzahlung nicht geschuldeter Beträge oder das Verlangen von Vorschüssen, wenn eine Vermittlung überhaupt nicht möglich sei.
Auch die in § 3 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz genannten Beschränkungen des Entgeltes auf Erfolgshonorare binde lediglich Wohnungsvermittler.
Durch Urteil vom 17. September 1992 hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 28. April 1992 insoweit aufrechterhalten, als es den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat. Ansonsten hat es dieses aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Zu dem weiterhin geltend gemachten Unterlassungsanspruch hat es ausgeführt:
Das beanstandete Verhalten des Klägers erfülle nicht die Voraussetzungen von § 2 Abs. 4 Wohnungsvermittlungsgesetz; denn der Beklagte sei kein Makler im Sinne dieser Vorschriften, weil er lediglich Adressen von Maklern mitteile, nicht aber eine konkrete Möglichkeit zum Abschluß eines Vertrages benenne, was aber nach § 652 B6B verlangt werde, an dem sich der Gesetzgeber "ersichtlich angelehnt" habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, zu deren Begründung er ausführt:
Einigkeit bestehe darüber, daß Schreibdienste gegen Entgelte angeboten und ausgeführt werden dürften.
Darauf beschränke sich der Beklagte indes nicht. Das folge schon daraus, daß er im Immobilienteil einer Zeitung "Hilfe für Wohnungssuche" anbiete, aber auch aus seiner Leistung, nämlich der, durch die vorformulierten Anschreiben Vermieter, Makler und Hausverwaltungen mitzuteilen, wozu er auch vertraglich verpflichtet sei.
Die Wohnungssuchenden würden den Beklagten entsprechend dem vermittelten Eindruck auch nicht als Schreibbüro in Anspruch nehmen, sondern in erster Linie, um den beabsichtigten Erfolg, nämlich den Abschluß eines Mietvertrages zu ereichen.
Abgesehen davon sei das Verhalten des Beklagten auch aus § 1 UW6 unmittelbar zu beanstanden. Der Wohnungsvermittlungsmarkt sei gesetzlich weitgehend geregelt. Wenn ein Außenseiter Teilleistungen anbiete, die den Vermittlungsangeboten weitgehend angeglichen seien, so verstoße eine solche Vertragsgestaltung gegen die guten Sitten, weil Schutzvorschriften, die die Mitbewerber bänden, umgangen würden.
Da die Arbeit des Beklagten zumindest mit einer Wohnungsvermittlung, jedenfalls soweit Makleradressen mitgeteilt würden, zusammenhänge, ergebe sich der Unterlassungsanspruch auch aus § 3 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz.
Der Kläger hat beantragt, unter Änderung des landgerichtlichen Urteils vom 17. September 1992 das Versäumnisurteil vom 28. April 1992 insgesamt aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er meint:
Für die begehrte Unterlassung komme es allein darauf an, ob er Schreibdienste leiste oder Wohnungsvermittlung betreibe, wobei die Art der Werbung den Ausschlag nicht geben könne; denn schließlich erstrebe der Kläger die Untersagung einer Tätigkeit und nicht einer Werbung.
Bei ihm aber stehe die Schreibarbeit im Vordergrund. Die Makleranschriften seien ohnehin bekannt und könnten unschwer dem Branchenverzeichnis entnommen werden. Eine gezielte Auswahl erfolge seinerseits nicht.
Abgesehen davon wurde selbst eine gezielte Bekanntgabe, von Makleranschriften seine Dienste zu einer Markttätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 Wohnungsvermittlungsgesetz nicht machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet; sie ist auch ansonsten zulässig. In der Sache hat sie Erfolg.
Auf die allein vom Kläger eingelegte Berufung ist lediglich darüber zu befinden, ob dem Beklagten zu untersagen ist, für das Fertigen von Anschreiben an Makler und/oder Vermieter eine vor Abschluß eines Mietvertrags zu erbringende Gegenleistung zu fordern, entgegenzunehmen oder sich versprechen zu lassen. Das ist der Fall.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § l UWG i. V. m. § 2 Abs. 4 Wohnungsvermittlungsgesetz zu. Im vorangegangenen Eilverfahren - 16 0 968/91 - hat der Senat dazu ausgeführt:
"Der Antrag des Antragstellers ist zulässig. Dieser ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. l UWG klagebefugt. Nach dieser Vorschrift können Unterlassungsansprüche nach §§ 1, 3 UWG von Gewerbetreibenden geltend gemacht werden, die gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art vertreiben.
Der Begriff der gewerblichen Leistung ist weit auszulegen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 16. Auflage, § 13 Rdn. 14). Vorausgesetzt wird ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, das jedoch kein konkretes zu sein braucht (Baumbach-Hefermehl, aaO., Einl. UWG Rdn. 2-17). Es genügt, daß die angebotenen Leistungen nach ihrer Art in Wettbewerb treten, also einander im Absatz behindern können. Dies ist der Fall, wenn möglicherweise eigener oder fremder Wettbewerb zum Nachteil eines Mitbewerbers gefördert wird.
Nach diesen Kriterien tritt die Tätigkeit des Antragsgegners in ein Wettbewerbsverhältnis zu dem von Maklern. Er bietet nicht nur reine Schreibarbeiten an, sondern er teilt den Interessenten darüber hinaus Adressen von Maklern und Wohnungsvermietern mit.
Dabei handelt es sich um eine auf eine Wohnungsbeschaffung zielgerichtete Tätigkeit, durch die er das von Maklern ausgeübte Gewerbe, das Bemühen um Wohnungsvermittlung, tangiert. Die von dem Antragsgegner angebotenen Leistungen sind für die Makler auch nicht ausschließlich förderlich, weil ihnen Kunden vermittelt werden. Bei der großen Anzahl der mitgeteilten Anschriften von Maklern und Wohnungsvermietern mag das zwar für wenig bekannte Unternehmen zutreffen. Kunden, die ihnen zugeführt werden, werden den bekannten Maklern jedoch entzogen.
Auf jeden Fall fördert der Antragsgegner deshalb fremden Wettbewerb, weil er auswählt, welche Makleranschriften er weitergibt und mit welcher Häufigkeit. Dies beeinträchtigt jedenfalls die nichtbenannten Makler, aber auch die weniger oft in den Anschriftenfeldern eingetragenen und letztlich auch die schon obengenannte Gruppe der bekannteren Makler.
Da demnach bereits ein tatsächliches Wettbewerbsverhältnis anzunehmen ist, braucht nicht dazu Stellung genommen zu werden, ob es - wie das Landgericht angenommen hat - ausreicht, daß der Antragsgegner jedenfalls nach dem äußeren Anschein ähnliche Leistungen anbietet wie ein Makler.
Dem Antragsteller steht gegenüber dem Antragsgegner ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG in Verbindung mit § 2 Abs. 4 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (Wohnungsvermittlungsgesetz = WoVermG) zu.
Nach § 2 Abs. 4 WoVermG darf ein Wohnungsvermittler Vorschüsse auf die Vermittlungsprovision nicht verlangen, vereinbaren oder annehmen. Wohnungsvermittler im Sinn dieses Gesetzes ist, wer den Abschluß von Mietverträgen über Wohnräume vermittelt oder die Gelegenheit zum Abschluß von Mietverträgen über Wohnraum nachweist, wobei der Begriff des Wohnungsvermittlers von vornherein untechnisch zu verstehen ist (vgl. Hildebrandt GE 1990, 451/452), keinesfalls mehr voraussetzt, als eine Tätigkeit in der Absicht, zwei Rechtspersönlichkeiten aufeinander zuzuführen, um ihnen die Möglichkeit eines Vertragsschlusses zu eröffnen, und zwar nach Kontaktaufnahme mit dem Interessenten und Feststellung seiner Wünsche (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1986, 640/641).
Diese Voraussetzungen sind hier durchaus erfüllt. Die von dem Antragsgegner angebotene Leistung stellte eine - adäquat kausale - Tätigkeit zum Nachweis von Wohnraum dar. Er betreibt nicht lediglich ein Schreibbüro oder gibt Schreibhilfen. Denn er beschränkt sich nicht auf die schriftliche Wiedergabe von Anschreiben, die im wesentlichen von den Kunden vorgegeben werden.
Wäre dies der Fall, dann würde seinem Verhalten, die Adäquanz allerdings fehlen. Seine Leistungen gehen indes weit über bloße Schreibarbeiten hinaus; denn er liefert Adressen von Maklern und Vermietern, also von Personen, die Mietverträge vermitteln oder abschließen können.
Dabei handelt es sich um eine zielgerichtete, auf den Abschluß von Mietverträgen gerichtete Tätigkeit, wenn auch nicht mit dem Wirkungsgrad, wie es nach dem Inhalt der Anzeige zu sein scheint. Die Preisgabe von Anschriften solcher Personen, die Wohnungssuchenden Wohnraum verschaffen können, dürfte im übrigen der eigentliche Grund sein, weswegen Kunden 2,00 DM pro Schreiben bei einer Mindestzahl von 100 Stück, also einen Mindestbetrag von 200,00 DM zahlen dürften.
Dem steht auch nicht entgegen, daß Makler und Vermieter dem Branchentelefonbuch zu entnehmen sind und von Wohnungssuchenden ohne Schwierigkeit selbst ausfindig gemacht werden können.
Wer seine persönlichen Daten und Wohnungswünsche mitteilen soll, wird in aller Regel davon ausgehen, daß ihm darauf abgestellt, und nicht wahllos Adressen von Maklern und Vermietern mitgeteilt werden.
Es entspricht aber nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Zweck des Gesetzes, die von dem Antragsgegner angebotene Leistung nach § 2 Abs. 4 WoVermG als unzulässig anzusehen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes bezwecken vor allem den Schutz des Wohnungssuchenden vor ungerechtfertigten wirtschaftlichen Belastungen (Begr. des RegE BT-Drucks VI/1549; OLG Hamm NJW-RR 1986, 640/641; Palandt-Thomas, BGB, 49. Aufl., § 652 Anm. 7 c; Meier ZMR 1985, 258).
Solche Mißstände werden aber gerade darin gesehen, daß auf dem Gebiet der Wohnungsvermittlung Tätige Vorschüsse verlangen und diese nicht zurückzahlen, obwohl ihre Tätigkeit erfolglos verlief. Unter dem Gesichtspunkt der Bindung von Entgeltanspruch und Erfolg ist auch die Bestimmung des S 3 Abs. 2 WoVermG zu sehen, wonach außer dem Erfolgshonorar keine weitere Vergütung, wie z. B. Schreibgebühren oder Auslagenerstattung, verlangt werden darf (Meier a.a.O.).
Wohnungssuchende sollen also für Dienste im Zusammenhang mit der Wohnungsvermittlung erst zahlen müssen, wenn diese auch erfolgsreich war. Selbst einem Makler, der auch, ohne daß es zum Abschluß eines Mietvertrages kommt, erhebliche Leistungen erbracht haben kann, ist es wegen § 2 Abs. 1 Wohnungsvermittlungsgesetz verwehrt, ein Entgelt zu vereinbaren, wenn sein Bemühen erfolglos geblieben ist.
Das muß erst recht für jemand gelten, der von Vornherein nicht einmal Wohnraum nachweisen kann, sondern lediglich auf der Vorstufe tätig wird, nämlich sich auf das bloße Aufzeigen von Möglichkeiten beschränkt, die die Wohnungsbeschaffung erleichtern könnten.
Für eine solche Tätigkeit ist durch das Wohnungsvermittlungsgesetz ein Entgelt ausgeschlossen (vgl. OLG Frankfurt MDR 1975, 315). Würde vom Wohnungsvermittlungsgesetz nicht jede Tätigkeit erfaßt, die letztlich auf den Abschluß von Mietverträgen abzielte, dann könnten sich geschäftstüchtige Gewerbetreibende dadurch, daß sie noch weniger tun als ein erfolgloser Makler, Einnahmequellen auf Kosten von Personen verschaffen, die geschützt werden sollen.
Dies würde sogar die Möglichkeit eröffnen, den Wohnungssuchenden mehrfach in Anspruch zu nehmen, nämlich einmal für die Vermittlung des Maklers und dann ein weiteres Mal für die Vermittlung der Wohnung.
Dieser Verstoß gegen das Wohnungsvermittlungsgesetz ist zugleich sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG, denn die Vorschriften jenes Gesetzes beinhalten eine wertbezogene Regelung und sind nicht etwa nur Ausdruck ordnender Zweckmäßigkeit. Der Wertbezug eines Gesetzes ist anzunehmen, wenn dadurch höherwertige Rechtsgüter geschützt werden sollen.
Der Schutz des Wohnungssuchenden ist ein Ausfluß des Sozialstaatsgedankens, eines Rechtsguts, das Verfassungsrang hat und nach diesem Rechtsverständnis ohne weiteres als höherwertiges Rechtsgut einzuordnen ist.
Aber selbst wenn es sich um wertneutrale Vorschriften handelte, wäre die Mißachtung nach § 1 UWG unlauter, weil die Anzeige so abgedruckt worden ist, wie sie der Antragsgegner in Auftrag gegeben hat, und er dadurch bewußt und planmäßig gegen das Wohnungsvermittlungsgesetz verstoßen hat, obwohl für ihn erkennbar war, daß er dadurch einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern erlangen kann.
An diesen Ausführungen hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest. Soweit das Landgericht die Rechtfertigung des im Senatsurteil a.a.O. erwähnte Zitat des OLG Hamm (MDR 1986, 501) nicht nachzuvollziehen vermag, ist das angesichts des Umstandes unverständlich, daß dieses hinter einer fast wörtlich mit den Ausführungen des OLG Hamm übereinstimmenden Passage des Urteils steht. Erst danach folgt die Subsumtion nach den gegebenen Umständen des Einzelfalls, die das Landgericht für unrichtig halten mag.
Das weitere Zitat des OLG Frankfurt, mit dem sich das Landgericht ebenfalls kritisch auseinandersetzt, kann zwar auf den ersten Blick mißverstanden werden.
Der Satz "Für eine solche Entgelt ausgeschlossen" wird dadurch zwar nicht belegt. Erkennbar bezieht sich das Zitat jedoch darauf, daß es sich bei dem Tätigwerden des Beklagten um eine nicht zu entlohnende Vorstufe zur Maklertätigkeit handelt.
Wenn die Vorinstanz die Heranziehung dieser Entscheidung für nicht "nachvollziehbar hält, weil sich das Urteil mit dem Wohnungsvermittlungsgesetz "überhaupt nicht" befasse und "in seinem Fall" sogar das Bestehen eines Anspruchs auf Maklerlohn "verneine", so ist das um so erstaunlicher, als gerade das Landgericht - wenn auch zu Unrecht, weil das Gesetz diesen Begriff nicht verwendet - von einem Makler im Sinne von § 1 Abs. 1 Wohnungsvermittlungsgesetz ausgeht (Entscheidung Seite 6), um später auszuführen, daß sich der Begriff des Wohnungsvermittlers "ersichtlich an dem Maklerbegriff des § 652 BGB" anlehne (Entscheidungsgründe Seite 7).
Die vom Senat vertretene Ansicht läßt sich ferner nicht durch den Umstand in Frage stellen, daß auch das Tätigwerden eines Verlags, der Branchenverzeichnisse drucke und Wohnungsanzeigen veröffentliche, kausal für den Abschluß von Mietverträgen sein könne.
Diese Tätigkeit eines Verlages fällt nicht unter den Schutzbereich des Wohnungsvermittlungsgesetzes und ist daher nicht einzubeziehen. Die vom Beklagten angebotenen Arbeiten unterscheiden sich von der bloßen Veröffentlichung von Anzeigen und der Aufnahme von Unternehmen des diesbezüglichen Gewerbes in Branchenverzeichnissen nicht unerheblich. Er sucht Adressen heraus und verfaßt Schreiben, in der Absicht, Wohnungssuchenden bei der Erlangung einer Wohnung zu helfen.
Diese Zielrichtung bringt er nicht nur durch die Überschrift in seiner Anzeige "Wohnungssuche mit System" zum Ausdruck, sondern sehr eindrucksvoll durch die Darlegung seines Tätigkeitsbereichs in dem sogenannten "Hamburger Wohnungsmarkt, z. B. vom 20. März 1992 und vom 3. April 1992, worin er u. a. davon spricht "preisgerecht marktwirtschaftliches Arbeiten am Wohnungsmarkt zu ermöglichen". Weiter heißt es in dem erstgenannten Blatt:
"Wir erkennen die Lage und die täglichen Probleme auf dem Wohnungsmarkt genau und wollen durch ein Maßnahmebündel erreichen, daß sich die Suchenden zeitgleich an alle Wohnungsmakler wenden können; daß Makler ihre Wohnungen ohne Kosten gezielt anbieten können; - und daß Wohnungseigentümer mit den Leistungen ihrer Makler zufrieden sind."
In dieselbe Richtung gehen folgende Hinweise:
"Seit Entstehen unseres Schreibservice sind die in der Tagespresse publizierten Wohnungsinserate merklich zurückgegangen."
"Die meisten Kunden hatten durch die Inanspruchnahme unserer Dienste trotz der engen Wohnungsmarktlage mehrere Wohnungsangebote unter denen sie sich sogar noch eine Wohnung aussuchen konnten.
Durch unsere Telefax-Anfragen, die einige Firmen sicherlich kennen, gelang es uns innerhalb von dreizehn Minuten einen Kunden zu einem Wohnungsangebot zu verhelfen."
Abgesehen von darin zum Ausdruck gekommenen Absicht, die im Zusammenhang mit den unstreitig erbrachten Arbeiten nach Meinung des Senats die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Wohnungsvermittlungsgesetz erfüllen, ergeben sich erhebliche Zweifel, ob hier lediglich Schreibarbeiten zwecks Wohnungssuche an von dem Beklagten herausgesuchte Makler und Vermittler erbracht werden.
Der Senat sieht sich außerdem in der Richtigkeit seiner Beurteilung durch § 3 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz bestätigt, wonach für Tätigkeiten, die mit der Vermittlung oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß von Mietverträgen über Wohnraum zusammenhängen, sowie für etwaige Nebenleistungen keine Vergütungen irgendwelcher Art, z. B. Schreibgebühren, vereinbart oder angenommen werden dürfen.
Abgesehen davon, daß nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ein Entgelt nicht nur des Vermittlers ausgeschlossen ist, sondern darauf abgestellt ist, daß bestimmte Tätigkeiten regelmäßig unentgeltlich zu sein haben, folgt daraus zumindest die Intention des Gesetzgebers, daß Wohnungsvermittler nicht nur ist, wer sämtliche Voraussetzungen des § 652 B6B erfüllt, sondern daß darunter auch fällt, wer zeitlich davor liegende Tätigkeiten entfaltet.
Wenn der Beklagte nicht als Wohnungsvermittler im Sinne des Wohnungsvermittlungsgesetzes anzusehen wäre, dann wäre die vom Kläger beanstandete Tätigkeit im übrigen unmittelbar aus § 1 UWG zu untersagen.
Denn dann hätte der Beklagte trotz der klar erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, Wohnungssuchende vor finanziellen Belastungen zu schützen, wenn die insoweit ausgeübte Tätigkeit erfolglos geblieben ist, eine erkennbare Gesetzeslücke ausgenutzt, ein Verhalten, das gegen die guten kaufmännischen Sitten verstößt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. l ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
Die Beschwer hat der Senat gem. § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festgesetzt.
Die Revision war gemäß § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wegen der vom Senat als rechtsgrundsätzlich betrachteten Frage zuzulassen, ob die vom Beklagten angebotenen Dienste Wohnungsvermittlung im Sinne des Wohnungsvermittlungsgesetzes sind oder ob das beanstandete Verhalten dessen ungeachtet gegen die guten kaufmännischen Sitten im Sinne von § 1 UWG verstoßen.