§ 28 Abs.4 BDSG eine verbraucherschützende Norm

Landgericht Hamburg

Urteil v. 28.10.2003 - Az.: 312 O 707/03

Leitsatz

§ 28 Abs. 4 BDSG, der eine Belehrungspflicht des Datenverwenders gegenüber dem Verbraucher bestimmt, ist eine verbraucherschützende Norm, so dass Verbraucherverbänden ein Unterlassungsanspruch nach § 2 UKlaG zusteht.

Hinweis: Das Urteil wurde in der Berufungsinstanz durch die Entscheidung des OLG Hamburg (Urt. v. 09.06.2004 - Az.: 5 U 186/03) aufgehoben.

 

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 12.09.2003 wird bestätigt.

2. Die Antragsgegnerin trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.

Sachverhalt

Der Antragsteller ist eine qualifizierte Einrichtung i.S. des § 4 Unterlassungsklagengesetz und gem. § 2 Unterlassungsklagengesetz berechtigt, Zuwiderhandlungen gegen Verbraucherschutzgesetze zu verfolgen (Anlage Ast. 1).

Die Antragsgegnerin versendet im Rahmen ihrer Werbung für die Zeitschrift unter anderem auch Werbeschreiben, die persönlich an Verbraucher adressiert sind, aber keinen Hinweis auf das Widerspruchsrecht nach § 28 Abs. 4 des Bundesdatenschutzgesetzes enthalten (Anlage Ast. 2).

Der Antragsteller meint, zur Verfolgung dieses Rechtsverstoßes aktiv legitimiert zu sein.

Der Antragsteller erwirkte am 12.09.2003 einen Beschluss, mit welchem der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Verfügung bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten wurde, persönlich adressierte Werbeschreiben an den Verbraucher zu richten, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass der Adressat bei der verantwortlichen Stelle der Nutzung oder Übermittlung seiner Daten zum Zwecke der Werbung widersprechen kann, und die hierfür verantwortliche Stelle zu nennen.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch, zu dessen Begründung sie geltend macht, der Antragsteller habe weder nach § 3 des Unterlassungsklagegesetzes noch nach § 13 des DWG die Befugnis zur Verfolgung des streitgegenständlichen Rechtsverstoßes.

Die Antragsgegnerin beantragt, die einstweilige Verfügung vom 12.09.2003 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt Bestätigung der einstweiligen Verfügung.

Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Widerspruch ist nicht begründet. Die einstweilige Verfügung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Parteivorbringens im Widerspruchsverfahren als zu Recht ergangen.

Außer Streit steht zwischen den Parteien, dass die Antragsgegnerin gegen § 28 Abs. 4 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes verstoßen hat, indem sie das aus Anlage Ast. 2 ersichtliche, persönlich adressierte Werbeschreiben verwandt hat, ohne den Betroffenen bei der Ansprache zum Zwecke der Werbung über die verantwortliche Stelle sowie über das Widerspruchsrecht nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetzes zu unterrichten.

Gleichfalls wird von der Antragsgegnerin zu Recht nicht in Zweifel gezogen, dass dieses Verhalten zugleich gegen die guten Sitten im Wettbewerb i.S. von § 1 UWG verstößt.

Der Antragsteller ist sowohl nach § 13 Abs. 2 Ziff. UWG als auch nach §§ 2, 3 Unterlassungsklagengesetz berechtigt, die Antragsgegnerin auf Unterlassung dieser Rechtsverletzung in Anspruch zu nehmen, weil dieser Anspruch eine Handlung betrifft, durch die wesentliche Belange der Verbraucher berührt werden (§ 13 Abs. 2 Ziff. UWG) und weil es sich bei der Vorschrift des § 28 Abs. 4 Bundesdatenschutzgesetz um ein Verbraucherschutzgesetz i.S. von § 2 Unterlassungsklagengesetz handelt.

Verbraucherschutzgesetze i.S. von § 2 Unterlassungsklagengesetz sind Normen, die dem Schutz des Verbrauchers dienen. Das ist zunächst dann der Fall, wenn der Verbraucherschutz der eigentliche Zweck des Gesetzes ist.

Das Gesetz kann aber auch anderen Zwecken dienen, ohne seinen Charakter als Verbraucherschutzgesetz zu verlieren, solange der Verbraucherschutz nicht nur untergeordnete Bedeutung hat oder nur eine zufällige Nebenwirkung ist. Im Interesse des Verbraucherschutzes muss die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs geboten sein. Der Verstoß muss in diesem Sinne Kollektivinteressen der Verbraucher berühren, dass er in seiner Bedeutung über den Einzelfall und das Einzelinteresse eines Verbrauchers hinausgeht.

Das ist der Fall, wenn die Zuwiderhandlung in ihrer Bedeutung und in ihrem Gewicht über den Einzelfall hinausreicht und eine generelle Klärung geboten erscheinen läßt (Palandt/Bassenge, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechtes, Ergänzungsband zu Palandt, BGB, 61. Aufl. 2002, § 2 Unterlassungsklagengesetz Rdn. 5,6 m.w.N.).

Entsprechendes gilt für § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Auch hier berührt nicht jeder Wettbewerbsverstoß schon deshalb Belange der Verbraucher, weil er das Interesse eines einzelnen Verbrauchers beeinträchtigt. Erforderlich ist vielmehr, dass die Belange einer größeren Zahl von Verbrauchern, einer mehr oder weniger großen Verbrauchergruppe, durch Rechtsverstöße der in Rede stehenden Art berührt werden. Der Verstoß muss ein gewisses Gewicht haben, so dass ein kollektiverSchutz der Verbraucher geboten ist (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 13 Rdn. 43).

Der vorliegende Rechtsverstoß reicht in seiner Bedeutung weit über den Einzelfall hinaus und betrifft das generelle Vorgehen bei derartigen Werbeaktionen, von denen regelmäßig eine unübersehbare Vielzahl von Verbrauchern angesprochen wird. Dabei ist § 28 Abs. 4 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes bereits durch das Tatbestandsmerkmal "Zum Zweck der Werbung" jedenfalls ganz überwiegend auf den Schutz der Verbraucher ausgerichtet und Verstöße gegen diese Informationspflicht haben Bedeutung für eine Vielzahl von Verbrauchern.

In diesem Sinne ist ein kollektiver Schutz der Verbraucherschaft vor derartigen Praktiken geboten und der Antragsteller daher befugt, diesbezüglich Unterlassungsansprüche geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.